Pressespiegel zur Asylpolitik vom 12. November 2019

Pressespiegel zur Asylpolitik vom 12. November 2019
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de

Geschehenes – Kurzmeldungen

Blick nach Europa und die Welt.

  • Der UNHCR geht davon aus, dass auf dem Weg Richtung Mittelmeer durch die Sahara doppelt so viele Menschen ums Leben kommen wie im Mittelmeer selbst.
    FAZ (03.11.19)

 

  • Die EU ist sich nicht zu schade, im Mittelmeer internationales Recht zu biegen bis es bricht. Deswegen liegt beim Internationalen Strafgerichtshof ja auch inzwischen eine Anklageschrift gegen die Staats- und Regierungsschrift der EU wegen Verdachts auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Anklage könnte jetzt vielleicht erweitert werden, zumindest gegen die maltesische Regierung als Tatverdächtige. Denn am 26. Oktober wird das Schiff der Sea Eye während einer Rettungsaktion von mehr als 90 Menschen von Schnellbooten der sogenannten „libyschen Küstenwache“ bedroht. In der maltesischen Rettungszone. Schüsse werden abgefeuert. Die Rettung gelingt, weil kurz vor Auftreten der „Küstenwache“ Rettungswesten verteilt wurden, dennoch wird eine Person vermisst. In einem weiteren Fall vom 18. Oktober, den Watch The Med Alarmphone dokumentiert hat, wird ein Boot mit etwa 50 Menschen an Bord vor Malta gesichtet. Über Funk bestätigen maltesische Behörden, dass die „libysche Küstenwache“ die Menschen abgefangen und zurück nach Libyen geschifft habe. Prof. Alexander Proelß, See- und Völkerrechtler der Uni Hamburg sieht damit die menschenrechtlichen Verpflichtungen Maltas unterlaufen.
    Monitor/ WDR (07.11.19)

 

  • Die „Alan Kurdi“ der Seenotrettungsorganisation „Sea Eye“ hatte 88 Menschen im Mittelmeer gerettet und konnte nach einer Woche in Italien anlegen.
    SPON (03.11.19)

 

  • Bei dem Versuch, die EU über Kroation aus Serbien kommend zu erreichen, sind vier Fliehende in der Donau ertrunken. Ein Mensch ist bei dem Versuch, aus Bosnien-Herzegowina zu fliehen, in einem Wald in Slowenien erfroren.
    Salzburger Nachrichten (11.11.19)
    taz (10.11.19)

 

  • Das Lager Vucjak in Bosnien-Herzegowina, unweit der Grenze zu Kroatien, hat keinen Strom, kein Wasser, keine Kanalisation, es ist auf einer ehemaligen Müllhalde errichtet. Etwa 700 Menschen werden durch das Rote Kreuz versorgt, das sich jeden Tag erneut um Spenden bemühen muss, um die Ernährung sicherzustellen. Der Winter drängt zur Eile, doch die Regierung Bosnien-Herzegowinas findet keine Kommune, die eine menschenwürdigere Unterbringung ermöglichen will. Die Problematik um Vucjak hat auch das Europäische Parlament erreicht. Entscheiden müssen jedoch die EU-Mitgliedsstaaten. Da die jedoch in ihrer Solidarität mit Geflüchteten wie anderen europäischen Staaten in den letzten Jahren absolut versagt haben, ist auf deren Unterstützung nicht zu bauen.
    Tagesschau (01.11.19)
    ORF (05.11.19)

 

  • Die UN werden die Pläne des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan überprüfen, nach denen Geflüchtete syrischer Staatsbürgerschaft in den durch türkische Truppen eroberten Norden Syriens abgeschoben werden sollen. UN-Generalsekretär António Guterres meint, dass die Abschiebungen „freiwillig, sicher und in Würde“ geschehen sollen. Wie er sich das vorstellt, bleibt offen. Von den 3,6 Millionen in die Türkei geflüchteten Syrer*innen will Erdoğan mindestens zwei Millionen deportieren. Dass die UN in Erdoğan keinen Partner haben, dem sie hinsichtlich Achtung von Freiwilligkeit, Sicherheit und Würde vertrauen können, zeigen Veröffentlichungen von Amnesty International. Dort kommen Menschen zu Wort, die bereits entgegen ihrem Willen ins nördliche Syrien abgeschoben wurden. Sie gaben an, dass sie Dokumente unterschrieben haben sollen, die eine „freiwillige Rückkehr“ belegen sollen.
    Zeit (01.11.19)

 

  • Das griechische Parlament hat das Asylrecht verschärft. Vor allem die Verfahren sollen beschleunigt werden, indem der Rechtsschutz für Geflüchtete gesenkt wird. Ein  Asylantrag kann nun als unbegründet abgelehnt werden, wenn der antragstellenden Person mangelnde Mitwirkung unterstellt wird. Abschiebungen in die Türkei werden forciert
    DLF (01.11.19)
    SPON (01.11.19)

 

  • Die französische Regierung plant, das Asylrecht zu verschärfen. Menschen, die in Frankreich einen Asylantrag stellen, sollen drei Monate lang nicht krankenversichert werden. Flankiert wird das Vorhaben durch eine nach rechts gerückte Rhetorik des französischen Präsidenten Emmanuel Macron.
    taz (06.11.19)

Bund, Land, Kommune

  • Fünf Menschen, darunter vier Minderjährige, afghanischer Staatsbürgerschaft wurden am Wochenende in Bayern in einem LKW gefunden. Der Fahrer hatte, nichts ahnend, ungewöhnliche Geräusche bemerkt. Die Menschen sollen in Serbien zugestiegen sein.
    Augsburger Allgemeine (09.11.19)

 

  • Die Evangelische Kirche in Deutschland hatte sich im Juni auf ihrem Kirchentag entschieden, ein Schiff zur Seenotrettung auf das Mittelmeer zu schicken. Das hat eine Kontroverse in der Kirche ausgelöst, die, so hat es den Anschein, eine betagte Institution mit Leben füllt. Seit Sonntag tagt die Synode der Kirche in Dresden.
    Stuttgarter Zeitung (10.11.19)

 

  • Ein Mensch aus Bremen, der mehrfach straffällig geworden ist und mehrere Jahre Haft hinter sich hatte, wurde vor vier Monaten in den Libanon abgeschoben. Nun ist Ibrahim Miri wieder aufgetaucht (was angesichts seiner Biographie und Verstrickungen in kriminelle Kreise „nicht überraschend“ sei, schreibt die SZ) und hat einen Asylantrag gestellt. Der wurde abgelehnt, inzwischen sitzt er in Abschiebehaft. In der öffentlichen Debatte sind einige ausgerastet und haben das mal wieder als Staatsversagen hochstilisiert.
    SZ (10.11.19)

 

  • Ein interministerielles Schreiben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann weist die Ausländerbehörden an, „die möglichen Potentiale der zu uns gekommenen Menschen nutzbar zu machen.“ Das dahinterstehende Denken mag rein ökonomisch motiviert sein, humanitär meint auch die CSU sich nicht mehr leisten zu können. Für viele würde eine solche Anwendung dennoch Sicherheit vor Abschiebung versprechen. Das hängt aber davon ab, in welchem Landkreis sie leben. Unterstützer*innen wie Arbeitgeber*innen berichten, dass Menschen immer wieder abgeschoben werden auch wenn sie einen Arbeitsvertrag vorweisen können. Sie fordern den Innenminister auf, konkret die Ermessensspielräume der Ausländerbehörden zu Gunsten der Geflüchteten einzuschränken.
    SZ (31.10.19)

 

  • Karl-Heinz Schröter von der SPD wird nicht mehr lange Innenminister von Brandenburg sein und, geht es nach den Mitgliedern der brandenburgischen Härtefallkommission, ist das auch gut so. Zuletzt hatte Schröter den Ersuchen der Kommission, einen Aufenthaltstitel für Menschen zuzusprechen, deren Ausreise eine humanitäre Härte sei, nur noch zu 50 Prozent entsprochen. In einem offenen Brief schreiben Vertreter*innen der Kommission, Schröter schätze die Mitglieder nicht, lehne willkürlich ab und missachte so gesetzliche Vorgaben. Die Mitglieder haben ihre Arbeit bis zum Ende von Schröters Amtszeit ausgesetzt und hoffen auf seinen Nachfolger, CDU-Parteimitglied Michael Stübgen, dem als Pfarrer mehr Menschlichkeit als SPD-Mann Schröter zugeschrieben wird.
    Potsdamer Neueste Nachrichten (03.11.19)

 

  • Am Mittwoch letzter Woche wurde wieder nach Afghanistan abgeschoben, um 21 Uhr flog der Flieger ab Leipzig/ Halle ab. Aus Sachsen waren drei Menschen betroffen, aus der gesamten Bundesrepublik waren es 36. Unter ihnen war Zaidullah A. aus dem Vogtland, der als Schweißer in der Automobilbranche arbeitete. Für ihn war eine sogenannte Beschäftigungsduldung beantragt worden, die ihn vor Abschiebung geschützt hätte.  Sie gilt jedoch erst ab dem 01. Januar 2020. In einer PM äußerten wir uns zu dem Fall.
    Sächsische Zeitung (06.11.19)
    Vogtland-Anzeiger (07.11.19)

 

  • Auf Initiative von der Partei „DIE PARTEI“ hat der Stadtrat Dresden den Nazinotstand für die Stadt ausgerufen. Die Grundsatzerklärung sieht vor, dass sich selbstverständlich hinter Betroffene gestellt werde, wenn die Gleichwertigkeit der Menschen bestritten wird. Weiterhin sollen Bürger*innen und Bündnisse, die sich aktiv für Menschenrechte einsetzen, unterstützt werden. Auf öffentlichen Plätzen sollen menschenfeindliche und rechtsradikale Einstellungen nicht unwidersprochen bleiben. Bezüglich dieses Punktes bleibt es zu hoffen, dass das auch die Dresdner Versammlungsbehörde begreift.
    MDR (31.10.19)

 

  • Sachsen und die Hufeisentheorie – mittendrin die bürgerliche Mitte, an den Rändern berühren sich Links und Rechts beinahe. Viel Unheil ist durch dieses Denken entstanden, nicht zuletzt das Wahlergebnis vom 01. September. Geändert hat sich nichts, denn speziell für Leipzig gibt es nun eine SokoLinx. Zumindest das Leipziger Linxxnet kann hinsichtlich Namensfindung und -schreibweise für sich beanspruchen, eine Art Trendsetter zu sein. Ein wichtiges, gesamtgesellschaftliches Thema, das Wohnen in der Stadt, wird so im Rahmen einer Stellvertreterdebatte geführt. Dabei ist dieses Thema, Verdrängung und Gentrifizierung, wichtig, drängend, komplex und betrifft jede*n in der Stadt. Wie beispielsweise die mehr als 700 Menschen mit Flüchtlingsanerkennung in den Gemeinschaftsunterkünften Leipzig endlich eine Wohnung beziehen sollen (vgl. Drs. 6/18268), geht so unter, so wie viele andere Aspekte und Schicksale auch. Angenehmer Nebeneffekt dieser Stellvertreterdebatte: ein ganzes Viertel, das seit Jahrzehnten weit über seine Grenzen wirkt und unter anderem für den von vielen als positiven Sonderstatus begriffenen Ruf der Stadt in Kaltland Sachsen sorgte, wird bereits heute mit einer unsozialen Baupolitik glattgeleckt. Neben diesen Mitteln der Verdrängung stehen nun noch schärfere Instrumente der Kriminalisierung für Connewitz parat.
    Zeit (06.11.19)

 

  • Rita Kunert steht vor Gericht. Sie meldet seit Jahren die Anti-PEGIDA-Demos an, nun will sie die Dresdner Versammlungsbehörde offenbar mit einem Schauprozess überziehen. Das sollte nur besser vorbereitet sein, beim Termin am letzten Freitag im Amtsgericht blamierte sich die Behördenvertreterin gehörig. Der als Zeuge zugezogene Polizeibeamte wusste auch nicht recht, was er da sollte, belastendes hatte er nichts gegen Rita Kunert vorzutragen. Kommenden Freitag, am 15. November, 9 Uhr, soll jetzt der eigentlich am strittigen Versammlungsgeschehen vom 01. Oktober 2018 zugegen gewesene Behördenmitarbeiter beim Amtsgericht erscheinen. Hätte man auch gleich haben können. Btw haben wir HEUTE unser Querfeld 2019 veröffentlicht. Und da findet, der Zufall haut einen immer wieder von den Socken, sich doch tatsächlich auch ein Interview mit besagter Rita. Hier einen Blick in die neue Ausgabe werfen, unter querfeld@sfrev.de bestellen!
    Sächsische Zeitung (08.11.19)
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