PM: Positionspapier der Liga der freien Wohlfahrtspflege, des SFR und weiteren: Spurwechsel wirksam umsetzen!

Koalition plant Erlass zum Spurwechsel
Die neue sächsische Landesregierung verpflichtete sich im Koalitionsvertrag, die Bleibeperspektive für Geduldete zu verbessern – zumindest für die, die lange arbeiten, sich auf eine Ausbildung vorbereiten, oder sich durch Ausbildung qualifizieren. In diesen Tagen verhandeln die sächsischen Koalitionspartner um einen Erlass, der das umsetzen soll. Heute veröffentlichen die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen, der Deutsche Gewerkschaftbund Sachsen, der Arbeit und Leben e.V., die Donner und Partner GmbH, das Projekt RESQUE 2.0 sowie der Sächsische Flüchtlingsrat e.V. mit den von ihm koordinierten Projekten RESQUE Continued und die Arbeitsmarktmentoren Sachsen ein Positionspapier. So können die Versprechen aus dem Koalitionsvertrag Rechnung tragen.

Menschen mit einer Duldung dürfen grundsätzlich arbeiten, sich qualifizieren oder sich ausbilden. Wer diesen Weg beschreiten kann, der*die soll, so sehen es die Bundesgesetze inzwischen vor, auch das Ziel des geregelten Aufenthalts erreichen können. Doch bei diesem so genannten „Spurwechsel“ haben die lokalen Ausländerbehörden ein weiträumiges Ermessen. Daran hat das sogenannte „Migrationspaket“ wenig geändert – die Entscheidungspraxen der kommunalen sächsischen Ausländerbehörden zu der seit 2016 bestehenden Ausbildungsduldung sowie zur neuen Beschäftigungsduldung und Duldung „light“ unterscheiden sich erheblich. Ein Erlass soll nun – dem Koalitionsvertrag entsprechend – eine „landesweit einheitliche Anwendungspraxis“ schaffen, Ermessensspielräume sollen „zu Gunsten der Betroffenen“ ausgelegt werden.

In den letzten Monaten haben sich Vertreter*innen der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen, der Arbeit und Leben e.V., das Projekt RESQUE 2.0, Donner und Partner GmbH sowie der Sächsische Flüchtlingsrat e.V., hier maßgeblich den von ihm koordinierten Projekten RESQUE Continued und die Arbeitsmarktmentoren Sachsen, über das Aufenthaltsrecht gebeugt. In einem Positionspapier legen sie nun dar wie die Versprechungen des Koalitionsvertrags umgesetzt werden können.

  • Die Ausländerbehörden weisen bei von ihnen verlangter Mitwirkung einzelfallbezogen den Weg und dokumentieren nachvollziehbar ihre Entscheidungen,
  • Der Aufenthalt von Geduldeten in Ausbildungsvorbereitung wird durch die Ermessenduldung gesichert.
  • Die sächsische „Bescheinigung über den vorübergehenden Aufenthalt ohne amtliches Aufenthaltsdokument“ (sog. „Fantasiepapier“) hat keine negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarktzugang wie den Spurwechsel.
  • Aufenthaltsbeendende Maßnahmen werden eingestellt, sobald ein Antrag auf Beschäftigungsduldung bei der Ausländerbehörde eingegangen ist.
  • Nur fachlich qualifizierte Stellen dürfen beurteilen, ob ein Ausbildungsverhältnis angemessen ist.
  • Coronabedingte Beschäftigungsverluste führen zu keiner aufenthaltsrechtlichen Benachteiligung.

Das gesamte Positionspapier kann hier eingesehen werden.

Hintergrund: Was hat es mit der Duldung auf sich?

In Sachsen leben derzeit über 60.000 Menschen, die nach Deutschland gekommen sind, um Schutz vor menschenunwürdigen Lebensumständen in ihren Herkunftsregionen zu suchen. Circa 10.000 Menschen, darunter auch Geflüchtete, leben mit dem Status als „geduldet“ (nicht alle geduldeten Menschen haben einen Asylantrag gestellt. Beispielsweise gab es, Stand 31. März 2020, sieben geduldete Menschen US-amerikanischer Staatsbürgerschaft, vgl. Drs. 7/2132). Dies bedeutet im Falle von Geflüchteten, dass der Asylantrag zwar abgelehnt wurde, eine Ausreise aber unmöglich ist aus Gründen, die sie selbst nicht vertreten können. Die Gründe sind vielfältig: es kann sich um medizinische Umstände oder familiäre Bindungen handeln, es kann an fehlenden Transportmöglichkeit liegen, oder an Herkunftsstaaten, die die Rücknahme und/oder die Ausstellung von Reisedokumenten verweigern. So bleiben viele Menschen jahrelang unverschuldet im Limbo der Duldung hängen.

Eine sächsische Erlass-Regelung ist auch deshalb notwendig, damit endlich der jetzige Lotterie-Charakter des sächsischen Spurwechsels durch einen Charakter der Fairness und Rechtssicherheit ersetzt wird.

Kontakt:
Sächsischer Flüchtlingsrat
-Dr. Kristian Garthus-Niegel-
Projektkoordinator RESQUE Continued
Tel.: 0351 / 796 651 57
Email: garthus-niegel@sfrev.de

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