Pressespiegel zur Asylpolitik vom 20. Oktober 2020

Pressespiegel zur Asylpolitik vom 20. Oktober 2020
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de

Geschehenes – Kurzmeldungen

Blick nach Europa und die Welt.

  • Sechs Menschen wurden gestern von der italienischen Küstenwache vor Sizilien gerettet, fünf sind bei der einwöchigen Überfahrt ums Leben gekommen.
    RND (15.10.20)

 

  • Aus Afghanistan fliehen die Menschen vor dem Krieg. Inzwischen auch wegen des Klimas. Etwa 30.000 Menschen sind es allein im ersten Quartal 2020, die wegen Naturkatastrophen fliehen mussten, gibt das International Displacement Monitoring Centre an. Der Temperaturanstieg führt zu Dürre und Wasserknappheit, in den Gebirgen wird das Schmelzen von Gletschern beschleunigt. Ernteausfälle, Lebensmittelknappheit, Hunger sind die weiter resultierende Kausalkette. Aber auch Kosten für den Schulbesuch von Kindern können häufig nicht mehr etragen werden, darunter leiden vor allem Mädchen.
    SPON (15.10.20)

 

  • Pikpa ist ein kleines Camp in Mytilini, der Hauptstadt der griechischen Insel Lesvos. Knapp 100 Menschen leben dort, alle besonders schutzbedürftig. Kinder, chronisch Kranke, Opfer von Folter, homo- und transsexuelle Menschen. Mit wenig Geld werde dort gezeigt, dass es nicht nötig sei, Menschen in inhumanen Lagern einzusperren, meint Carmen Dupont von Lesvos Solidarity, die Initiative, die das Camp betreibt. Nun soll es geschlossen werden, das wollen die Behörden so. Die Menschen sollen wahrscheinlich in das neue Camp Kara Tepe verlegt werden, was anstelle Morias errichtet wurde. Kara Tepe wurde letzte Woche nach Regenfällen bereits geflutet. Das Camp ist zudem nicht winterfest. Der UNHCR mahnt „dringende Maßnahmen“ an, die tatsächlich nur noch darauf abzielen, die Menschen nicht komplett in Schlamm und Kälte zu überlassen. Selbst das ist der griechischen Regierung zuviel. Sie wirft dem UNHCR vor, „vorverurteilende Politik“ zu betreiben.
    Migazin (14.10.20)
    Der Standard (15.10.20)

 

  • Der UNHCR erhebt auch Vorwürfe gegen Malta. Auch dort werden Schutzsuchende unter unmenschlichen Bedingungen in einem Lager gehalten. Kaum Sonnenlicht, sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen, heißt es, zudem fehlt der Zugang zu Rechtsbeistand. Grundlage sind Interviews de UNHCR mit Geflüchteten in Malta.
    Migazin (05.10.20)

Bund, Land, Kommune

  • In Hannover sind am Wochenende 101 Menschen gelandet, die sich zuvor auf den griechischen Inseln befanden. Nach Sachsen wurden keine Menschen verteilt. Insgesamt will die Bundesregierung 2.750 Menschen aufnehmen. Zuletzt hatte sie das Kontingent um 1.500 erhöht.
    Sächsische Zeitung (16.10.20)

 

  • In Berlin, Bremen und Thüringen sollte es Landesaufnahmeprogramme geben, um Menschen aus Griechenland zu holen. Das Bundesinnenministerium unter Horst Seehofer stellte und stellt sich quer. Nun soll der Klageweg beschritten werden, kündigen insgesamt 17 Fraktionen, Landesvorstände und Jugendorganisationen von SPD, Grünen und LINKEN aus allen drei Bundesländern an.
    nd (08.10.20)

 

  • Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) – es ist und bleibt eine Behörde, über die sich regelmäßig gewundert werden muss. Nun sind es Menschen venezolanischer Staatsbürgerschaft, die zum Ziel der deutschen Asyllotterie werden. Bis zu 50 Prozent kann sich die Anerkennungsquote unterscheiden, je nachdem, welche Außenstelle des BAMF den Asylantrag gerade bearbeitet. Zudem werden viele Entscheidungen von den Verwaltungsgerichten zu Gunsten der Geflüchteten gekippt. In 2020 war das in 70 Prozent der Verfahren der Fall, die vor Gericht landeteten. Die Zahlen ergeben sich aus einer Kleinen Anfrage von MdB Ulla Jelpke. SFR-Asylberater Sebastian Lupke interpretiert sie so, dass die Sachbearbeiter*innen in den BAMF-Stellen die Lage in Venezuela nicht kennen würden. Anlass zu der Vermutung geben ihm abstruse Entscheidungen wie der, in der ein Bericht aus dem Jahr 2015 mit als Entscheidungsgrundlage herangezogen wurde.
    taz (16.10.20)
    Gestrige PM des SFR dazu

 

  • Die Bremer Straße in Dresden ist unter Komplettquarantäne. Knapp 200 Menschen sind betroffen. Das meldete die Landesdirektion am Samstag. Bis zum 30. Oktober sollen die Menschen nun eingesperrt bleiben, ordnete das Gesundheitsamt Dresden an. Der SFR forderte in einer PM schnelle Tests – die diese Woche erfolgen sollen – und hofft anschließend auf eine schnelles Ende der Quarantäne. Was dann folgen muss ist die Auflösung der Lager. Etwas, wozu seit Monaten Zeit bestand und sich mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Ratschlägen des Robert-Koch-Instituts deckt. Der SFR kommentierte die Ereignisse gestern in einer PM, inzwischen ist er mit der positiv getesteten Bewohnerin in Kontakt.
    Sächsische Zeitung (19.10.20)

 

  • Die Opferberatung des RAA Sachsen e.V. und das Kulturbüro Sachsen e.V. haben ein gemeinsam genutztes Büro in Görlitz eröffnet. Menschen, die zum Ziel rassistischer bzw. rechtsmotivierter Gewalt werden, können sich an die RAA wenden. Das Kulturbüro wiederum recherchiert und publiziert zu rechten Netzwerken in den einzelnen, sächsischen Regionen und berät zivilgesellschaftliche und kommunale Akteur*innen.
    Sächsische Zeitung (19.10.20)

Hintergrund und Meinung

  • Seit 2018 demonstrieren zehntausende immer wieder für Seenotrettung, für das Recht auf Asyl. Doch scheint ihr Interesse nach Gemeinwohl und Menschlichkeit zurückzustehen gegenüber dem Eigeninteresse einiger Rechtsradikaler. Dana Schmalz stellt im verfassungsblog klar: Menschenrechte sind einfach einzuhalten. Das klingt, sie schreibt es selber, so banal. Jedoch, es steht ein krasses Jahrhundert, auch und vor allem wegen des menschenverursachten Klimawandels bevor. Bei einer vergleichsweise kleinen Herausforderung wie der, 12.000 Menschen im reichen Europa zu verteilen, versagen die Regierungen und auch die EU, die ihr eigenes Recht gegenüber den Mitgliedsstaaten nicht mehr durchsetzen will. Rechtliche Grundsätze sollten als Pfeiler gegen die Barbarbei dienen. „Doch wir scheinen diese Wegweiser schon an der ersten Kreuzung zu missachten.“ schreibt Schmalz.
    verfassungsblog (14.09.20)
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