SFR Newsletter 04/2021

Abschiebungen: Albanien, Kosovo, Afghanistan, Georgien. Die letzten zwei Wochen scheint es der Landesregierung nicht schnell genug zu gehen. Am Dienstag, 2. Februar wurden aus Sachen 10 Menschen nach Albanien und 17 Menschen  in den Kosovo abgeschoben, am Dienstag, 9. Februar zwei Menschen aus Sachsen nach Afghanistan, am Donnerstag, 11. Februar dann mindestens zwei Personen und eine Familie nach Georgien. Globale Pandemie? Egal. Schwere vorliegende Krankheiten mit dringendem Behandlungsbedarf? Egal. Krieg und bewaffneter Konflikt? Egal. Würde und Grundrechte? Egal.

Dresden Nazifrei. Am Wochenende wollen Nazis zum 13. Februar in Dresden aufmarschieren, um die Geschichte zu verdrehen und ihre perfide Propaganda zu verbreiten. Dresden Nazifrei ruft dazu auf, gemeinsamt mit ihnen auf die Straß zu gehen – natürlich Corona-konform!- und hoffen auf deine starke Unterstützung! Mehr Infos auf ihren Social-Media-Kanälen.

Corona-Ausbruch in Gemeinschaftsunterkunft in Kamenz. Das Landratsamt Bautzen sah sich in der vergangenen Woche mit Vorwürfen konfrontiert, den Infektionsschutz für die Bewohner:innen einer Gemeinschaftsunterkunft in Kamenz nicht zu gewährleisten. Es mangelte an Seifen, Desinfektionsmittel und Masken. Es benötigte bundesweite Presseresonanz, bis die Versorgung inzwischen hergestellt wurde. Der Idee einer dezentralen Unterbringung versperrt sich das Landratsamt weiterhin. Die Bewohner*innen der Unterkunft filmen Seifenspender – funktionsfähige, leere Seifenspender – und wenden sich an Unterstützer*innen, weil sie gegenüber Betreiber und Landratsamt nicht mehr weiterkommen. Dem Landratsamt fällt nicht mehr ein, als das Bild des ‚kriminellen, klauenden Ausländers‘ zu bedienen, um sich aus einer unangenehmen Situation herauszuwinden. Das ist Rassismus. Zur Pressemitteilung.

Frontex Files. Ein Team um Jan Böhmermann hat detailreich die Lobbytreffen der europäischen Grenzschutzagentur Frontex mit der Waffenindustrie dokumentiert und veröffentlicht. Frontex selbst meint, es treffe sich nicht mit Lobbyisten. Nach den Pushback-Vorwürfen ist das der nächste Frontex-Skandal. Da hilft wohl nur: Frontex abschaffen! Mehr.

Corona-Hilfen auch für Schutzsuchende! Die Corona-Hilfen wurden aufgestockt und verlängert – aber dabei wird ein großer Teil der einkommensschwachen Menschen in Deutschland ignoriert: Insbesondere geflüchtete Menschen mit einer Aufenthaltsgestattung und Duldung dürften viele der verabredeten Zuschüsse nicht erhalten können. Dasselbe gilt für bestimmte EU-Bürger*innen, die weit unterhalb der Armutsgrenze leben müssen, weil sie aufgrund der gesetzlichen Ausschlussregelungen noch nicht einmal SGB-II / XII-Leistungen bzw. Kindergeld erhalten. Auch einkommensschwache Personen, die Wohngeld und / oder Kinderzuschlag erhalten, drohen außen vor zu bleiben. Deshalb haben der Tacheles e.V. und GGUA einen Brief an Arbeitsminister Hubertus Heil geschrieben, indem klare sozialpolitische Forderungen gestellt werden…

  1. Zum Kinderbonus: die 150€ sollen auch an Kinder von Asylbewerber:innen ausgezahlt werden, die kein Kindergeld beziehen dürfen!
  2. Zum Corona-Zuschuss in der Grundsicherung: auch wer Grundleistungen nach §3 AsylbLG bezieht, muss den Corona-Zuschuss von 150€ bekommen. „Abgesehen davon wird es darauf ankommen, dass nicht nur einmalig, sondern dauerhaft eine deutliche Erhöhung der Regelbedarfe durchgesetzt wird“ !
  3. Zu Laptops & Tablets für schulpflichtige Kinder: Schulcomputer auch für Kinder von Asylbewerber:innen und geduldeten Personen. Es darf hier keine Ungleichbehandlung geben!
  4. Anspruch auf medizinische Schutzmasken für alle Leistungsberechtigte, auch für Schutzsuchende! Zum Brief.

In eigener Sache – gemeinsame Büroaktivist*innen gesucht. Als SFR e.V. sind wir personell etwas geschrumpft. Daher nutzen wir aktuell nicht alle zur Verfügung stehenden Büroräumlichkeiten voll aus. Gerne möchten wir einen Raum im Dammweg in der Dresdner Neustadt an Aktivist*innen untervermieten. Euch erwartet ein ausgestattetes Büro zu mittelgünstigem Preis mit engagierten und solidarischen Bürokolleg*innen.

Veranstaltungen

  • Am 13. Februar ruft Dresden Nazifrei zu diverse Aktionen auf der Straße in ganz Dresden auf. Mehr Infos.
  • Am 22. Februar findet ein Seminar zu sozialrechtliche Grundlagen für die Arbeit mit Geflüchteten statt, organisiert von connect Leipzig. Mehr Infos hier.

Drei Stimmen aus der Presse

1) Die Abschiebungen gehen weiter – auch ohne Trump (nd)
Trumps offen rechtspopulistische Strategie in Migrationsfragen scheint für seinen Nachfolger Biden schwieriger zu durchbrechen als gedacht. Die für Abschiebungen zuständige Behörden „Immigration and Customs Enforcement“ (ICE) ignoriert einfach Bidens angeordnetes Abschiebemoratorium. Ein Richter in Texas hatte Bidens Dekret vorläufig außer Kraft gesetzt. Interessant ist zudem die Einschätzung der Obama-Administration: „Die Abschiebung von 2,7 Millionen Menschen – vor allem Latinos – während seiner acht Amtsjahre brachte Barack Obama die Bezeichnung »Deporter in Chief«, Chef-Abschieber ein. Damit hat Obama mehr Abschiebungen vorgenommen als alle anderen US-Präsidenten – auch Donald Trump. Von Biden erwarten seine Wähler nun eine sofortige Kurskorrektur.“ Mehr.

2) Das Flüchtlingsrecht ist eine notwendige Zumutung (Zeit)
Trotz Frontex-Skandal und der verheerenden Lage in den Lagern an den europäischen Außengrenzen scheint es keine politischen Konsequenzen zu geben. Abschottungsrhetorik hat wird immer unverhohlener geäußert, trotz der Rechtsbrüche, mit denen viele der Forderungen einhergehen. Dana Schmalz, die am Max-Planck-Institut zu Migrationsrecht forscht, erklärt in diesem Interview, warum diese eigentlichen Skandale folgenlos bleiben. Mehr.

3) Elfjähriges Kind in Handschellen (Süddeutsche)
Antiziganismus gibt’s auch bei der baden-württembergischen Polizei: „Zwei Polizisten sollen am Nachmittag in der Stadt Singen einen Angehörigen der Gruppe der Sinti vor dessen Wohnhaus kontrolliert haben, Tiziano L. Die Beamten sollen ihn nach seinen Personalien befragt und durchsucht haben. Als sie in seiner Tasche ein kleines Messer entdeckten – was gesetzlich erlaubt ist -, sollen sie ihn mit Handschellen hinter dem Rücken gefesselt, festgenommen und für eine knappe Stunde mit auf die Polizeiwache genommen haben, wobei ihm jeder telefonische Kontakt zu seiner Familie verweigert worden sei. Das Besondere an diesem Fall: Der Festgenommene, Tiziano L., ist elf Jahre alt.“ Mehr.

Stellenausschreibungen

  • Das Netzwerk für Demokratische Kultur e.V. (NDK) Wurzen sucht zum 1. April 2021, eine_n Mitarbeiter_in für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit auf Honorarbasis zunächst befristet bis zum 31.12.2021. Mehr Infos.
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