Libanesischer Reisepass

Gemeinsame PM: Passbeschaffung? Für geduldete Libanes*innen wird diese zum Spießrutenlauf

Geduldete Libanes*innen als Spielball zwischen Ausländerbehörde und libanesischer Botschaft
Bei der Beschaffung von Pässen wird Libanes*innen von sächsischen Ausländerbehörden regelmäßig fehlende Mitwirkung vorgeworfen. Dass sie keine Papiere besorgen können, liegt jedoch nicht an den Personen selbst.

„Geduldete Libanes*innen werden zum Spielball zwischen Ausländerbehörde und der libanesischen Botschaft in Berlin“, erklärt Eter Hachmann, Vorstandsvorsitzende des Ausländerrates Dresden. „Wenn Libanes*innen, die in Deutschland geduldet werden, arbeiten wollen oder eine Ausbildung beginnen möchten, besteht die Ausländerbehörde vorher darauf, ihre Identität zu klären. Dafür müssen die Personen Passdokumente abgeben. Doch das Beschaffen von Pässen an der libanesischen Botschaft funktioniert alles andere als einfach“, so Eter Hachmann.

Spießrutenlauf im Kreis

Die libanesische Botschaft fordert von den geduldeten Personen einen Nachweis über eine gesicherte Aufenthaltsperspektive, den die jeweilige Ausländerbehörde ausstellen müsste. Diese wiederum stellt derartige Nachweise über eine gesicherte Aufenthaltsperspektive kaum bis nicht mehr aus. „Ohne Nachweis über eine Perspektive von der Ausländerbehörde – kein Pass von der libanesischen Botschaft. Und ohne Pass von der libanesischen Botschaft – keine Erlaubnis zu arbeiten oder eine Ausbildung zu beginnen von der Ausländerbehörde. Es ist ein Spießrutenlauf im Kreis!“, erklärt Kristian Garthus-Niegel vom Sächsischen Flüchtlingsrat.

Sanktionierung ohne Eigenverschulden: Arbeitsverbote und Wohnsitzauflage

„Dieser Zirkelschluss ist eben nicht das Verschulden der antragstellenden Person“, stellt Garthus-Niegel klar. Doch die Ausländerbehörde schiebt den Misserfolg bei der Passbeschaffung trotzdem auf die Antragsteller*innen. So wurde den betroffenen Personen schon mehrfach vorgeworfen, nicht ausreichend bei der Passbeschaffung mitgewirkt zu haben. Die Konsequenz? „Die Ausländerbehörde erteilt eine sogenannte Duldung light. Mit dieser gehen Arbeitsverbot und eine Wohnsitzauflage einher. In unserer Beratung bekommen wir das hautnah mit. In mehreren Fällen handelt es sich um Eltern, deren Kinder indirekt die Folgen der Sanktionierungen mittragen müssen, weil die Eltern damit von ökonomischer und sozialer Teilhabe ausgeschlossen werden“, so Garthus-Niegel.

Die Ausländerbehörde Dresden muss handeln

Die Ausstellungspraxis an der libanesischen Botschaft in Berlin wird sich so schnell nicht ändern, vermuten Ausländer- und Flüchtlingsrat. „Wir gehen davon aus, dass die Bereitschaft bzw. Fähigkeit der Botschaft des Libanon zur Ausstellung von Reisedokumenten an diesen Personenkreis weiter eingeschränkt bleibt. Schließlich verschlechtert sich die Lage im Land zunehmend. Seit den Protesten und der Auflösung der Regierung in 2019, der Hafenexplosion in Beirut im Mai 2020 und der Corona-Pandemie herrscht politisches Chaos im Land. Außerdem beobachten wir jetzt eine gefährliche Inflation, die die Lebensmittelpreise explodieren lässt. Die Botschaft wird daher kaum von ihrer Praxis abweichen, deshalb muss die Ausländerbehörde Dresden handeln“, so Eter Hachmann vom Ausländerrat Dresden.

„Wir fordern die Ausländerbehörde auf, die Anforderungen an geduldete Libanes*innen der Realität anzupassen. Die Mitwirkungspflicht muss als erfüllt gelten, wenn die Personen bereits vor der libanesischen Botschaft vorsprechen, oder andere nationale Identitätsdokumente vorlegen. Dazu zählen bspw. Führerschein, Geburtsurkunde oder Bildungszeugnisse. Sobald dies erfolgt ist, müssen schon verhängte Sanktionen, wie Arbeitsverbote oder Wohnsitzauflagen, sofort zurückgenommen werden. Ansonsten finden sich viele Libanes*innen im unverschuldeten Spießrutenlauf zwischen Ausländerbehörde und Botschaft wieder und werden dafür auch noch sanktioniert“, erklärt Garthus-Niegel.

Kontakt:
Sächsischer Flüchtlingsrat
– Kristian Garthus-Niegel –
Mobil: 0176 427 286 23
Mail: garthus-niegel@sfrev.deAusländerrat Dresden
– Eter Hachmann –
Telefon: 03 51/4 36 37 38
Mail: hachmann@auslaenderrat.de

 

Teile diesen Beitrag: