SFR Newsletter 09/2021

Libanon. Bei der Beschaffung von Pässen wird Libanes*innen von sächsischen Ausländerbehörden regelmäßig fehlende Mitwirkung vorgeworfen. Dass sie keine Papiere besorgen können, liegt jedoch nicht an den Personen selbst. Gemeinsam mit dem Ausländerrat Dresden kritisieren wir den Spießrutenlauf in der Passbeschaffung.Mehr.

Lüneburg. Am 19. April entschied das Oberverwaltungsgericht, dass es keine Abschiebungen von Schutzsuchenden mehr nach Griechenland geben dürfe. Das Gericht in Niedersachsen stellte fest, dass selbst elementare Grundbedürfnisse („Bett, Brot und Seife“) nicht gesichert werden können. Europaweit wurde in den letzten Jahren die katastrophale Versorgung von Geflüchteten in Griechenland diskutiert – endlich erkennt ein Gericht in Deutschland die dortige Realität an! Selbst wenn Menschen dort ein Aufenthaltsstatus erteilt wird, droht vielen durch die wirtschaftliche Lage im Land danach die Obdachlosigkeit. Auch Claire Deery vom niedersächsischen Flüchtlingsrat hält deswegen fest: „Abschiebungen nach Griechenland sind rechtswidrig. Diese klare Botschaft geht von den Lüneburger Urteilen vom letzten Montag aus. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss den Entscheidungsstopp für diese Gruppe sofort beenden!“ Wir fordern, dass das Vorgehen des OVG Lüneburg nun bundesweit Usus wird.

Syrien. Recherchen zeigen: Die Entscheidung Dänemarks, zahlreichen syrischen Geflüchteten den Schutztitel zu entziehen und sie durch Repressionen zur Ausreise nach Syrien zu nötigen, basiert auf manipulierten oder fehlinterpretierten Lageberichten. Auch die Bundesregierung muss ihre gerade öffentlich gewordenen Abschiebevorbereitungen einstellen: Syrien ist nicht sicher! … sagen wir mit den Landesflüchtlingsräten und Pro Asyl in einer Pressemitteilung. Mehr.

Bleiberecht statt Abschiebung! Seit mehr als zwei Jahren trifft sich eine Gruppe aus verschiedenen Landesflüchtlingsräten, dem Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) und den Jugendlichen ohne Grenzen (JoG) zum Thema Bleiberecht statt Abschiebung. Entstanden ist eine Website unter www.bleiberechtstattabschiebung.de, auf der einerseits möglichst viele mehrsprachige Informationen zu den bestehenden Bleiberechtsregelungen gebündelt werden und die andererseits als Plattform fungieren soll für die Forderungen von Menschen, die von Duldung und Abschiebung betroffen oder bedroht sind. Auf der Basis der Website wollen wir ein bundesweites Netzwerk zum Thema Bleiberecht statt Abschiebung aufbauen, in dem wir Forderungen entwickeln, Aktionen planen, Öffentlichkeitsarbeit machen können und vieles mehr. Das nächste Netzwerktreffen wird im Juni stattfinden, schreibt uns einfach an pr@sfrev.de, wenn ihr mitmachen wollt! Mehr.

Münster. Buchankündigung: „Die Erfindung des muslimischen Anderen – 20 Fragen und Antworten, die nichts über Muslimischsein verraten“ Was haben alle ›Muslim:innen‹ gemeinsam? Wie steht es um die »Islamisierung des Abendlandes«? Warum verkaufen sich Kreuzberger Kriminalitätsgeschichten besser als andere? Wann werden aus erzkonservativen Politiker:innen Feminist:innen? Das Werk von Özcan Karadeniz und Anna Sabel kümmert sich um die Adressaten solcher Fragen, da diese oft schon einiges über deren Weltbild verraten. Dabei setzen sich die Autor:innen sich mal ironisch, mal skeptisch oder energisch mit antimuslimischem Rassismus auseinander. Ein Essayband, der zur Reflexion und zum Nachdenken einlädt. Das Buch erscheint im Unrast-Verlag und kann hier bereits vorbestellt werden.

Drei Stimmen aus der Presse

1) Neue EU-Strategie für freiwillige Rückkehr von Migranten (Migazin)
Menschen ohne Aufenthaltsrecht in der EU sollen verstärkt zur ‚freiwilligen Rückkehr‘ bewegt werden. Dazu legte die EU-Kommission am Dienstag ein Strategiepapier vor. Die Kommission bevorzugt die freiwillige Rückkehr, denn sie stelle das Individuum in den Mittelpunkt, sei wirksamer und kostengünstiger als Abschiebungen. Dies wirkt zynisch, wenn bedacht wird, dass „freiwillig“ Ausreisende als einzige Alternative oft nur die drohende Abschiebung bleibt. Mehr

2) Angeblicher Bremer BAMF-„Skandal“: Ulrike B. ist unschuldig (taz)
250 Seiten Anklageschrift, bis zu 44 angesetzte Ermittler:innen doch schlussendlich: 0 Verstöße gegen das Ausländerrecht. Die Verfahren gegen Ulrike B, der ehemaligen Leiterin der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), und den mitangeklagten Juristen wurden gegen Geldauflage eingestellt. Blick zurück: im Jahr 2018 erzürnte der sogenannte „BAMF-Skandal“ durch Beiträge der Springerpresse große Teile der Bevölkerung und schaffte es auf die Agenda der Bundesregierung. Das CSU-geführte Innenministerium bezichtigte Ulrike B. sogar der Bandenbildung und warf „massenhaften Asylmissbrauch“ vor, indem sie angeblich zu Unrecht Asylanträge bewilligt habe. Letzlich wurde sie wegen vierzehn Verstößen gegen das Dienstgeheimnis, Dokumentenfälschung und Vorteilsnahme angeklagt. Fazit: an ihren Entscheidungen im Asylrecht war nichts auszusetzen. Mehr

3)  Tausende unbegleitete Kinder verschwunden (Migazin)
Zwischen 2018 und 2020 sind nach nformationen eines Recherchenetzwerks in Europa 18.292 unbegleitete geflüchtete Kinder und Jugendliche als vermisst gemeldet worden. In Deutschland fehlen von 724 Kindern weiterhin jegliche Hinweise. Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisiert das scharf. Wir finden ebenfalls schockierend, dass manche Länder in der EU gar keine Statistiken zum Verschwinden von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten erheben – darunter Frankreich, Dänemark und Rumänien. Mehr.

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