PM Erneute Familientrennung bei Abschiebung: Vater wird nach Tschetschenien abgeschoben – hochschwangere Ehefrau bleibt mit zwei Kindern alleine zurück

In der Nacht zum 23.11.2021 soll Familie E. aus Kamenz abgeschoben werden. Frau E. ist hochschwanger und hat zudem ein schweres Nierenleiden. Eine Notfallambulanz bescheinigt ihre Reiseunfähigkeit, woraufhin die Abschiebung von Frau E. und ihrer beiden Kinder (11 und 7 Jahre) abgebrochen wird. Der Ehemann und Vater der Kinder, wird dennoch am gleichen Tag vom Flughafen Leipzig/Halle nach Tschetschenien ausgeflogen. Ein Skandal, denn alle Beteiligten waren sich bewusst, dass hier erneut eine Familientrennung stattfindet.

Familie E. lebt seit über neun Jahren in Deutschland. Eines der beiden Kinder wurde hier vor sieben Jahren geboren. Der Vater arbeitete bereits längere Zeit bei einer Wachschutzfirma mit einem festen Vollzeitvertrag. Auch vom Sozialamt erhielt die Familie keinerlei Geld mehr. Die Geburt des dritten gemeinsamen Kindes ist für Ende Dezember/Anfang Januar terminiert, doch diese wird der Vater nicht miterleben. Seine Frau, die mit einem schweren Nierenleiden kämpft, ist fassungslos: „Mein Mann sagte der Polizei während der Abschiebung, dass ich hochschwanger bin und sie mich doch nicht abschieben können. Wir haben nicht geahnt, dass unsere Familie dann einfach getrennt werden würde.“

Frau E. wird dann auf Anordnung der Polizei mit dem Notarztwagen zur Prüfung ihres Gesundheitszustandes ins Krankenhaus gefahren. Dort stellt das Klinikpersonal direkt fest, dass sie nicht reisefähig ist und empfiehlt eine stationäre Behandlung. Die Abschiebung der Mutter und der beiden Kinder wird deswegen abgebrochen. Ungeachtet dessen wird der Familienvater dennoch nach Tschetschenien abgeschoben. „Meine Kinder haben bis zum Morgen nur geweint. Sie können nicht verstehen, warum ihr Papa jetzt weg ist.“, berichtet Frau E., die nun völlig auf sich allein gestellt ist.

Abschiebungen mit Familientrennung seien in Sachsen jedoch „leider alles andere als nur Einzelfälle“, berichtet Jörg Eichler vom Sächsischen Flüchtlingsrat. „Allein in den letzten fünf Jahren wurden in Sachsen über 70 Familien während der Abschiebung getrennt, auch schwer Erkrankte werden regelmäßig abgeschoben. Weder der im Grundgesetz verankerte Schutz der Familie, oder die Erkrankungen von Betroffenen finden angemessen Berücksichtigung.“ Im Fall der Familie E. seien die Behörden jedoch „besonders brutal vorgegangen. Das ist schlicht ein Skandal und ein weiterer trauriger Höhepunkt sächsischer Abschiebungspraxis, die von einer unglaublichen Verrohung gekennzeichnet ist. Hier wird Verfassungsrecht offen mit Füßen getreten!“, so Eichler. An dieser Stelle möchten wir daran erinnern, dass die Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag die Einführung eines „Leitfaden zur Rückführungspraxis“ angekündigt hatte. Dieser müsste genau diese Form von Abschiebungen unmöglich machen, ist jedoch weiterhin nicht veröffentlicht.

Kontakt:
Sächsischer Flüchtlingsrat
– Jörg Eichler –
Telefon:  +49 (0) 351 – 30 95 96 18
Mail: eichler@sfrev.de

 

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