SFR Newsletter 12/2018

Themen, unter anderen: Versuchte Abschiebung eines Vaters und seines autistischen Sohnes aus Dresden // Lager genannte „Ankerzentren“ in Sachsen // Prekarisierung Geflüchteter mittels Fantasiepapieren // Demo gegen Abschiebungshaft am 3. Juni // Demo für Bleiberecht am 6. Juni in Halle anlässlich der Innenministerkonferenz

PM: Prekarisierung Geflüchteter mittels Fantasiepapieren – nun hochoffiziell bestätigt und gewollt

Ein Regierungserlass, der ein Dokument normiert, welches rechtlich nicht vorgesehen ist. Dieses Kunststück hat das sächsische Innenministerium vergangene Woche vollbracht als es den Erlass über die „Ausstellung einer Bescheinigung über den vorübergehenden Aufenthalt ohne amtliches Aufenthaltsdokument“ veröffentlichte. Gemeint sind die seit letztem Jahr kritisierten Fantasiepapiere, die die lokalen Ausländerbehörden anstelle der Duldung ausstellen. Doch es ist auch das Land Sachsen selber, welches dubiose Dokumente ausstellt. Die Konsequenz: eine immer weiter fortschreitende Prekarisierung Geflüchteter.

Gemeinsame PM: Flüchtlingsräte und PRO ASYL kritisieren Ankerkonzept als  Absage an Willkommenskultur

Mit Empörung reagieren PRO ASYL und die Flüchtlingsräte der Bundesländer auf die jüngst bekannt gewordenen Pläne von Bundesinnenminister Horst Seehofer, der ein Netz von Lagern zur Unterbringung und Ausgrenzung von Asylsuchenden in ganz Deutschland etablieren will (siehe NOZ von heute). Damit wird das bayerische Modell einer landesweiten Isolation von Geflüchteten zur staatlichen Norm erhoben. In Schnellverfahren soll mit Asylanträgen im wahrsten Sinne des Wortes »kurzer Prozess« gemacht werden. Nicht einmal die in der Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und SPD verabredete Einführung einer unabhängigen Verfahrensberatung ist nach den aktuellen Plänen der Bundesregierung noch vorgesehen. Dabei hatte das BAMF noch im September 2017 in seinem Evaluationsbericht, der offenbar vom BMI bewusst noch nicht veröffentlicht wurde, eine positive Bilanz gezogen und eine flächendeckende Einführung der unabhängigen Asylverfahrensberatung empfohlen (siehe Evaluationsbericht Asylverfahrensberatung).

PM: AnKER-Zentrum ist ein euphemistischer Begriff für Lager

Der sächsische Innenminister Roland Wöller (CDU) prüft derzeit eine Beteiligung Sachsens, an der ab August oder September beginnenden Pilotphase, zur Durchführung von sechs Ankerzentren bundesweit. AnKER steht dabei für Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtung. Klar ist, dass der Schwerpunkt auf Rückführung und Abschiebung von Schutzsuchenden liegen wird. Das Leben in den Lagern wird von Isolation und Verhinderung von Integration geprägt sein.

Solidaritätserklärung mit dem Netzwerk für Demokratische Kultur e.V.

Das Netzwerk für Demokratische Kultur e.V. (NDK) engagiert sich seit fast 20 Jahren für eine Stärkung demokratischer Kultur in Wurzen und der Region. Als einer unserer Mitgliedsvereine – des Entwicklungspolitischen Netzwerkes Sachsen – zeigt es deutlich, dass es nicht nur wichtig ist, sich für Frieden und Gerechtigkeit global einzusetzen, sondern auch konkret vor Ort. Rassismus ist nirgendwo tolerierbar und es braucht mehr denn je Menschen und Initiativen, die sich für würdiges Miteinander einsetzen. In den 1990er Jahren stand Wurzen unter anderem als „National befreite Zone“ bundesweit in den Schlagzeilen. Damals schufen sich junge Menschen, die von der Dominanz neonazistischer Akteure in ihrer Stadt betroffen waren, einen Raum für eigene Ideen, Austausch und Beteiligung – einen Raum, in dem demokratische Werte wie Meinungsfreiheit, Offenheit und Menschenrechte Grundlage des gemeinsamen Handelns waren und bis heute sind.

PM: Vater und autistischer Sohn dank Abschiebungsbeobachtung wieder in Dresden

Gemeinsame Pressemitteilung von Ausländerrat Dresden e.V. und Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.: In der Nacht vom 11. auf den 12. April 2018 sollen ein Vater und sein siebenjähriger Sohn in den zuständigen Dublin-Staat Spanien abgeschoben werden. Der Sohn ist Autist. Wo sächsische Behörden keinen Anlass sehen, die Abschiebung wenigstens auszusetzen, setzt sich die Abschiebebeobachterin in Berlin für einen Abbruch der Maßnahme ein. Die Berliner Beamten beschließen, die Abschiebung nicht zu vollziehen. Die sächsischen Beamten – frustriert von ihrem Misserfolg – lassen Vater und Sohn am Flughafen Tegel zurück.