Ungenügende Änderungen am Gesetzesentwurf
Am kommenden Mittwoch dem 27. Juni wird der Sächsische Landtag über das Abschiebungshaftvollzugsgesetz entscheiden. Angesichts der Tagesordnung wird damit gerechnet, dass die Debatte mit anschließender Abstimmung 20 Uhr beginnen wird. Der Sächsische Flüchtlingsrat hatte gemeinsam mit dem Studierendenreferat WHAT der TU Dresden gegen die geplante Abschiebungshaftanstalt auf der Hamburger Straße in Dresden protestiert. Unter anderem mit dem Slogan „Flucht ist kein Verbrechen“ gingen am 3. Juni etwa 500 Menschen auf die Straße.
Am Mittwoch will die Koalition aus CDU und SPD nun die gesetzliche Grundlage dafür schaffen, dass Menschen inhaftiert werden nur weil sie den falschen Pass besitzen. Massive Kritik am Gesetzesentwurf kam neben dem Sächsischen Flüchtlingsrat auch vom Deutschen Anwaltverein, dem Jesuiten-Flüchtlingsdienst wie dem Flüchtlingsrat Niedersachsen. Auch staatliche Vertreter*innen gaben Hinweise, an welchen Stellen der Gesetzesentwurf nicht genügte. Ein vom Innenausschuss beschlossener Änderungsantrag hat den Entwurf derweil verschlimmbessert.
Zwar wurde der Zugang von Nichtregierungsorganisationen eindeutig gestärkt, doch bereitet die Gesundheitsversorgung nach wie vor starke Bauchschmerzen. Die gesundheitliche Lage von Menschen in Abschiebehaft erodiert regelrecht. Der Gesetzesentwurf berücksichtigt das nicht. Die Zwangsernährung, auch von Minderjährigen, ist weiterhin vorgesehen. Ein Skandal. Überhaupt, dass Kinder in einem Gefängnis sitzen sollen, ist ein unerträglicher Gedanke. Anstatt ihre Kindheit zu leben, werden sie zur Untätigkeit an einem gewaltvollen Ort verdammt sein. Ihrem Recht auf Bildung wird nicht nachgekommen werden – und das bis zu 18 Monaten. Repressiv wird es zugehen. Besondere Sicherungsmaßnahmen, bis hin zur Fesselung, sind selbst bei psychisch Erkrankten vorgesehen. Warum der neugeschaffene Beirat künftig nur als Gremium agieren kann, ist unerklärlich. Schließlich ist es auch im Strafvollzug Standard, dass die einzelnen Mitglieder von sich aus bei der Gestaltung des Vollzugs und bei der Betreuung der Inhaftierten beratend mitwirken. Ursprünglich war dies auch im vorliegenden Gesetzesentwurf vorgesehen, von der Koalition aber im Nachhinein geändert worden. Eine Schwächung des Beirats, trotz dass er um drei Mitglieder gewachsen ist.
Den Gesetzesentwurf samt eingearbeiteter Änderungen findet ihr in der EDAS-Datenbank.
Weiterführende Informationen des Sächsischen Flüchtlingsrats zu Abschiebungshaft im Allgemeinen und zum Vollzugsgesetz im Besonderen.
Die vom Innenministerium angefrage Stellungnahme des Sächsischen Flüchtlingsrats sowie alle Stellungnahmen (neben nichtstaatlichen Akteuren unter anderem auch vom Sächsischen Ausländerbeauftragten wie Sächsischen Datenschutzbeauftragten).
Ein Rückblick auf die am 12. April im riesa efau in Dresden gemeinsam mit weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen veranstaltete Podiumsdiskussion zum Thema. Es diskutierten Frank Gockel, Berater von Menschen in Abschiebehaft in Büren, NRW, Geert Mackenroth, Sächsischer Ausländerbeauftragter, MdL, CDU und Petra Zais, MdL, Bündnis 90/ Die Grünen.
Als künftigen Schandfleck bezeichneten wir die Hamburger Straße in einer Pressemitteilung vom 22. Mai 2018. Direkt neben der Abschiebehaft sollen Menschen weiterhin im „Ankerzentrum“ genannten Lager inhaftiert werden.