Gegendarstellung: Landesdirektion traut nur eigenen Quellen – Taub gegenüber Beschwerden der Camp-Bewohner*innen

Es ist der Versuch, das Gesicht zu wahren, den die Landesdirektion Sachsen in der Freien Presse am 08. November  unternimmt. In einem Artikel unter der Überschrift „Krätze im Schneeberger Flüchtlingsheim aufgetreten“, leugnet die für die Aufnahmeeinrichtungen des Freistaates Sachsen zuständige Behörde die Vorwürfe, die der SFR und die Medinetze zuvor in gemeinsamer Pressemitteilung erhoben hatten

Im genannten Artikel werden die Vorwürfe des Sächsischen Flüchtlingsrats wie der Medinetze würden nicht den Fakten entsprechen. Sehr wohl komme es zur Isolation infizierter Bewohner*innen in Schneeberg, behauptet die Landesdirektion. Eine Darstellung, die so nicht zutreffen kann. Dave Schmidtke vom Flüchtlingsrat stellt richtig: „Wir und die Ehrenamtlichen der Medinetze Chemnitz, Dresden, Leipzig haben selbst mit den Menschen gesprochen, die mit Krätze infiziert waren. Menschen ohne Infektionen berichteten, dass sie Zimmer mit Infizierten beziehen sollten – was eine Ausbreitung nur verstärkt.“ 

Landesdirektion verzichtet offenbar auf genaue Überprüfung ihrer Betreiber

Auch den zweiten Vorwurf, den SFR und Medinetze erhoben, will die Landesdirektion so nicht stehen lassen, schreibt die Freie Presse. Die Kosten für die Krätze-Medikamente seien übernommen worden. Hier können SFR und Medinetze die Aussagen zahlreicher Bewohner:innen nur erneut wiedergeben. „Zu Beginn wurde eine Salbe durch den MedPoint verteilt, kurz danach haben uns aber Infizierte ihre Kaufbelege von Salben aus Apotheken gezeigt. Es ist absolut unrealistisch, dass alle Personen – die verschiedene Sprachen sprechen und zu verschiedenen Zeiten während unserer drei Besuche zwischen August und Oktober den gleichen Umgang mit Infektionen in Schneeberg schilderten – gelogen haben.“ verdeutlicht Schmidtke.

Er ergänzt, dass die in den Camps so genannten MedPoints schon lange in der Kritik von Vereinen, Wohlfahrtsverbänden und Opposition stehen. Die Landesdirektion aber verteidige bei medizinischen Vorfällen in den Aufnahmeeinrichtungen wiederholt das Verhalten der Betreiber vor Ort. Schmidtke weiter: „Leider müssen wir feststellen, dass die Landesdirektion offensiv versucht, unsere Darstellung zu diskreditieren. Dabei kann auch der Diphterie-Ausbruch in den Aufnahmeeinrichtungen in Mockau belegt werden, obwohl dessen Existenz von der Landesdirektion verneint wurde.“ Als Nachweis liegt dem Verein eine Kopie einer vom Betreiber angelegten Liste vor. Dort sind mehrere festgestellte Diphterie-Infektionen in einer der Aufnahmeeinrichtungen und die entsprechende Behandlung mit Antibiotika vermerkt.

„Anstatt dass die Landesdirektion direkt in die Gegendarstellung geht, sollte sie kritischer im Umgang mit den Betreibern ihrer Aufnahmeeinrichtungen sein. Wir haben Missstände beim Umgang mit engagiertem Personal erlebt oder bei der schlicht ausgebliebenen Auszahlung von Sozialleistungen für Geflüchtete aus der Ukraine. Das alles geschah ebenso unter der Verantwortung der Landesdirektion.“, erklärt Schmidtke. Zumal die Landesdirektion selbst gar keine Erhebungen zur Ausbreitung von Infektionskrankheiten – außerhalb von Covid-Erkrankungen – durchführt.

Vertrauen kann nur ein echtes Beschwerdemanagement schaffen

Es besteht zwar eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Infektionen mit Diphterie und Krätze auf der Flucht entstanden sind. Aber von einem Ausbruch auf Grund der hygienischen Bedingungen im Camp gingen auch SFR und Medinetze nie aus. Die Vereine sehen sich angesichts der Debatte in ihrer Forderung bestätigt, dass es eines betreiberunabhängigen Beschwerdemanagements bedarf. Ein auch für Sachsen verbindlicher Mindeststandard, der auch durch das neue Gewaltschutzkonzept der Landesdirektion für die Aufnahmeeinrichtungen unterlaufen wird. „Ein solche, wirklich unabhängige Beschwerdestelle genießt im besten Fall das Vertrauen der Bewohner*innen, findet einen konstruktiven Weg, die Verwaltungsabläufe in der Landesdirektion realitätsgerecht anzupassen und mahnt die Betreiber, ihre eigenen, den Menschenrechten verpflichteten Standards einzuhalten.“ appelliert Schmidtke.

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  • Schneeberg aktuell 10_22: privat