Sachsens neues Integrations- und Teilhabegesetz – Gut gedacht, schwach gemacht

Das am 2. Mai 2024 vom sächsischen Landtag beschlossene Integrations- und Teilhabegesetz wollte einen progressiven und inklusiven Ansatz für die Migrationsgesellschaft verfolgen. Leider zementiert es in Teilen Exklusion und Diskriminierung, aber erweitert kaum politische Teilhabe. Ankommen nach der Flucht, bedeutet mehr als die bloße Verwertbarkeit von Menschen auf dem Arbeitsmarkt zu fördern.

Positiv ist, dass die Landesregierung ein Zeichen setzen will und eine gesetzliche Grundlage für die Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte schafft. Da Deutschland bereits seit Jahrzehnten eine Einwanderungsgesellschaft ist, ist dies ist ein überfälliger und doch begrüßenswerter Schritt zur Anerkennung der Migrationsrealität im Freistaat. Ebenfalls zu loben ist die Einrichtung eines Landesbeirats für Integration, auch wenn dessen Kompetenzen noch zu gering ausfallen. Ein solches Gremium kann die Perspektiven der Betroffenen zumindest teilweise einbinden. Dieser Rat braucht tatsächliche, rechtlich festgelegte Mitspracherechte, um ein effektives politisches Instrument für die Betroffenen zu werden.

Wie die Linksfraktion im Landtag feststellt, orientiert sich der Inhalt eher am Integrationsgesetz aus dem konservativen Bayern, als der Realität von Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte. Denn die größte Schwachstelle ist die Verknüpfung von Teilhabemöglichkeiten an den Aufenthaltsstatus. Dies steht im klaren Widerspruch zu einem menschenrechtlichen Verständnis von Integration als gesamtgesellschaftlichem Prozess. Denn aktuell leben mehr als 13.000 Menschen in Sachsen mit einer Duldung oder dem Fantasiepapier, aber Menschen ohne gesicherte Bleibeperspektive werden von vornherein ausgegrenzt.

Auf kommunaler Ebene bleiben viele Verpflichtungen zu vage – finanzielle Zusagen für den geplanten Mehraufwand fehlen aktuell. Diese sollten im Rahmen der Koalitionsverhandlungen einer zukünftigen Landesregierung festgelegt werden, damit die Kommunen mit dem Aufbau der „Integrationszentren“ beginnen können. Zwar sollen Städte und Gemeinden eine Schlüsselrolle übernehmen, doch sind ihre Verpflichtungen nur als „Kann-Bestimmungen“ formuliert. Hier wären klare Pflichtaufgaben nötig. Dazu wird ein umfangreicher Finanzierungsplan unabdinglich sein, wenn Teilhabestrukturen wie Migrationsbeauftragte oder Integrationszentren von den Kommunen tatsächlich realisiert werden sollen.

Fazit: Insgesamt ist das sächsische Integrations- und Teilhabegesetz ein gut gemeintes aber etwas mutloses Werk, das noch weit hinter den Erwartungen der Zivilgesellschaft und dem Stand der Fachdebatte zurückbleibt. Schon beschlossen ist das SITG also gleich dringend reformbedürftig: Es müsste vor allem für alle Migrant*innen-Gruppen in Sachsen gelten – und alle Kommunen des Landes zur Förderung einer ernsthaft gelebten Willkommenskultur verpflichten.

 

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