Pressespiegel zur Asylpolitik vom 25. September 2019

Pressespiegel zur Asylpolitik vom 25. September 2019
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de

Geschehenes – Kurzmeldungen

Blick nach Europa und die Welt.

  • Die Ocean Viking hat erneut Menschen im Mittemeer gerettet, letzte Woche nahm sie 109 Fliehende bei zwei Rettungseinsätzen an Bord. Sie konnten später in Italien an Land gehen. Weitere 90 Menschen wurden von der italienischen Küstenwache bei Malta gerettet, die maltesische Regierung stimmte zu, sie aufzunehmen.
    Tagesschau (18.09.19)
    SPON (23.09.19)

 

  • Deutschland, Frankreich, Italien und Malta haben sich auf einen vorläufigen Verteilmechanismus für Menschen geeinigt, die im Mittelmeer gerettet wurden. Bundesinnenminister Horst Seehofer stimmte zu, ein Viertel der Menschen, die gerettet werden, in Deutschland aufzunehmen. Frankreich werde ein weiteres Viertel aufnehmen. Kroatien, Finnland, Irland, Litauen, Luxemburg und Portugal stimmten einer Verteilung ebenso zu. Emmanuel Macron, französischer Präsident, und Giuseppe Conte, italienischer Premierminister, trafen sich und legten die Forderung nach einem ständigen Verteilmechanismus unter den EU-Mitgliedsstaaten neu auf. Wer keine Geflüchteten aufnehme, solle sanktioniert werden. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn forderte zudem eine Neuauflage einer EU-Rettungsmission.  Das tatsächlich wäre auch notwendig. Denn tatsächlich haben sich die EU-Staaten bisher nur darauf geeinigt, die Menschen aufzunehmen, die von nichtstaatlichen Organisationen gerettet werden. Bisher hat die EU selber nichts getan, um das Sterben im Mittelmeer unmittelbar zu beenden. Nicht zuletzt besteht die Kooperation mit der sogenannten „libyschen Küstenwache“ fort.
    Zeit (19.09.19)
    Tagesschau (23.09.19)
    DLF (23.09.19)

 

  • Laut Zahlen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) kamen in diesem Jahr bis zum 18. September 32.767 Geflüchtete und Migrant*innen in Griechenland an. Das sind 50 Prozent mehr als die 22.261 Menschen, die im Vorjahreszeitraum unter anderem die Inseln in der Ostägägis erreichten. Auf der zentralen und westlichen Mittelmeerroute hingegen kamen weniger Menschen an. Die IOM erfasst in ihren Zahlen Flucht und Migration.
    Zeit (20.09.19)

 

  • Die designierte Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, will die Asyl- und Migrationspolitik möglicherweise unter einem Ressort mit dem Label „Schutz unseres europäischen Lebensstils“ gestalten. Dies wird als Anbiederung an rechtsradikale Kräfte kritisiert. Ob es tatsächlich ein Kommissionsmitglied geben wird, welches ein solches Ressort führen wird, ist offen.
    SPON (19.09.19)

Bund, Land, Kommune

  • Ulrike B., ehemalige Leiterin der BAMF-Außenstelle in Bremen, und die Anwälte Irfan C. und Cahit T. wurden von der Staatsanwaltschaft angeklagt. Man lässt ihnen keine Ruhe. Von 1.200 Fällen war die Rede, bei denen rechtswidrigerweise Asylanträge positiv beschieden worden seien – in einer angeblichen Zusammenarbeit zwischen B., C. und T. Danach wurden alle seit dem Jahr 2000 positiv entschiedenen Asylanträge überprüft – 13.000 in der Zahl. Bei 304 Akten ist ein Widerruf oder eine Rücknahme erfolgt. Widerruf bedeutet, dass ein Aufenthaltstitel nicht verlängert wird. An der ursprünglichen Erteilung war also nichts auszusetzen. Bei etwa einem Drittel dieser Fälle sei strafbares Verhalten möglich – von wem auch immer – meint das BMI. Bedeutet, weniger als bei einem Prozent seit 2000 gibt es Nachfragen.
    Generell gilt – die nachträglichen Überprüfungen von positiven BAMF-Entscheidungen durch selbige Behörde haben offenbar nicht den gewünschten, politischen Effekt. Im Sommer und Herbst 2015 wurden kurzzeitig die Fragebogenverfahren eingeführt wurden. Asylverfahren wurden ohne Anhörung der Antragsteller*innen durchgeführt um eine weitere Überlastung der Behörde zu vermeiden. Dies wurde von einigen instrumentalisiert und unterstellt, Deutschland verteile den Geflüchtetenstatus frei Haus. Nun stellt sich heraus, dass in 0,2 Prozent der im ersten Halbjahr 2019 entschiedenen Fälle der Schutzstatus zurückgenommen wurde. Von allen 62.000 im ersten Halbjahr 2019 überprüften, positiven Asylentscheidungen wurden lediglich 0,5 Prozent zurückgenommen. Kritik an den aufwendigen Überprüfungen kommt von der LINKEN. Etwa 720 BAMF-Mitarbeiter*innen seien damit beschäftigt, die Zahl der neuen Asylanträge sei inzwischen geringer als die Zahl der Widerrrufs- und Rücknahmeverfahren. Der Generalverdacht gegen Geflüchtete, der sich in diesen Verfahren spiegele, sei widerlegt. Wichtiger sei es, die Qualität der Asylverfahren so zu erhöhen, dass es nicht zu einer hohen Fehlerquote bei negativ entschiedenen Asylanträge komme.
    taz (18.09.19)
    SZ (19.09.19)
    Migazin (20.09.19)

 

  • Letzte Woche trafen sich die Landesflüchtlingsräte zu ihrer halbjährlich stattfindenden Konferenz in Dresden. Bei einer Pressekonferenz forderten sie einen Politikwechsel. Eine neue Asylpolitik, darunter eine vollumfängliche Abkehr von der Lagerpolitik, der kompromisslose Zugang zu Arbeit und ein Ende der Abschiebemaschinerie, gehörten zu den erhobenen Forderungen. Die sächsische Linke wies auf die „niederschmetternde“ Situation in den Erstaufnahmeeinrichtungen Sachsens und den „Tiefpunkt“ der sächsischen Asylpolitik namens Abschiebehaft hin.
    taz (19.09.19)
    nd (19.09.19)
    Welt (19.09.19)
    SZ (20.09.19)

 

  • Laut TAG24 mag die Arbeit in Abschiebehaft in Dresden nicht sehr beliebt zu sein. Zehn Stellen waren letzte Woche ausgeschrieben. Der Knast ist erst seit Dezember 2018 in Betrieb.
    TAG24 (17.09.19)

 

  • Kasim Atris, Rettungsschwimmer aus Plauen, soll abgeschoben werden (siehe Pressespiegel vom 10. September). Um ein Bleiberecht oder wenigstens eine sichere Duldung kämpfen derzeit die Arbeitsmarktmentor*innen des Vogtlandkreises, der SFR und nicht zuletzt Atris. Der war nun bei der libanesischen Botschaft und beantragte dort seinen Pass. Damit vermeidet er den Vorwurf, seine Mitwirkungspflichten zu verletzen. Nach wie vor ist offen, wie die Geschichte ausgeht, klar ist jedoch, dass auch andere Unternehmen der Freien Presse von ähnlichen, „kafkaesken Vorgängen“ erzählen.
    FP (19.09.19)
    Spezifisch zu den Arbeitsmarktmentor*innen, die vom SFR fachlich-wissenschaftlich begleitet werden, berichtet der Vogtland Anzeiger (19.09.19)

 

  • Bei den Sammelabschiebungen nach Georgien am 10. und 12. September wurde eine Abschiebung abgebrochen. Die Landesdirektion gab auf Anfrage des SFR an, dass die Kapazitäten des Fluges erschöpft gewesen seien. Das Wohl von Menschen zählt offenbar wenig. In einer PM vom 17. September schrieben wir: „Hohe Abschiebezahlen sind das Dogma. Dafür werden Menschen inzwischen einer Ausnahmesituation ausgesetzt, die gar nicht abgeschoben werden. Die Folgerisiken, die insbesondere bei Kindern in Kauf genommen werden, kann eine Behörde nicht abschätzen.“ Zwei weitere Pressemitteilungen zu getrennten Ehepaaren, abgeschobenen Familien und einem Kind, welches aus einer Einrichtung für Blinde und Sehbehinderte abgeholt wurde, veröffentlichten wir am 11. September und am 25. September.
    MDR (18.09.19)

 

  • Das Sozialamt der Stadt Dresden hat signalisiert, neun Millionen Euro mehr für Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten in diesem Jahr zu benötigen, als ursprünglich eingeplant. Der Finanzausschuss soll die Mittel, die aus dem Haushalt des Freistaats Sachsen gedeckt werden, beschließen. Die Stadt hatte mit 700 Menschen gerechnet, die nach Dresden verteilt werden. In diesem Jahr waren es jedoch schon 562. Lücken in der Finanzierung bestehen nach Ansicht des SFR zudem in der Flüchtlingssozialarbeit. Der Verteilungsschlüssel zu hoch, Geduldete ohne geregelten Zugang, eine Belastung auch für die Sozialarbeiter*innen – die Sozialarbeit in Dresden sei unterfinanziert, meint Angela Müller, Leiterin der Dresdner Asylberatungsstelle des SFR.
    Sächsische Zeitung (22.09.19)

Hintergrund und Meinung

  • Der Tagesspiegel zeigt die bereits existierenden Kooperationen zwischen CDU und AfD in den sächsischen Kommunen auf. In Radebeul wählen drei CDU-Stadträt*innen den AfD-Kandidaten statt die der Grünen in den Stadtentwicklungsausschuss, in Chemnitz gibt es keine freien Träger mehr im Jugendhilfeausschuss – CDU, FDP, AfD und Pro Chemnitz sei Dank -, in Görlitz sitzt durch eine schwarz-blaue Kooperation gar einen Anhänger der Identitären Bewegung in den Umwelt- und Ordnungsausschuss, im Gemeinderat von Gohrisch in der Sächsischen Schweiz bildeten CDU, AfD und der Vertreter der Grünen eine Fraktion – eine Konstellation, von der sich die Landesspitzen von CDU und Grünen distanzierten. In ganz Thüringen und Sachsen hat Report Mainz Hinweise auf eine Zusammenarbeit in 18 Kommunalparlamenten recherchiert.
    Tagesschau (10.09.19)
    Tagesspiegel (16.09.19)

 

  • Im Interview mit der Jungen Welt gibt Mark Gärtner vom SFR zentrale Ergebnisse des Landesflüchtlingsrätetreffens von vergangener Woche wieder, unter anderem zu Absprachen zu den Lagern und spricht über die Wahlen, die dieses Jahr in Sachsen stattfanden.
    Junge Welt (24.09.19)
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