SFR Newsletter 26/2019

Querfeld #3 – Dies ist ein Versuch! 2019 – wir wissen nicht, wie auf dieses Jahr zurückgeschaut werden wird. Für uns war es jedenfalls wahnsinnig intensiv. Es war ein Kampf. Ein Kampf dafür, die größte Demo Sachsens seit 1989 mit vielen tausend anderen Menschen auf die Beine zu stellen. Ein Kampf für Solidarität und Freiheit und selbstverständlich um Bleiberechte. Gegen Wohnungsdurchsuchungen, für das Recht auf Bildung, gegen Abschiebungen.

Neu war die Abschiebehaft in Dresden und doch feierte sie ihr 100-jähriges Jubiläum. Das Ende des Patriarchats schrien wir anlässlich 100-Jahre Frauenwahlrecht herbei. Überhaupt, das Wahlrecht! Zahlreiche Menschen durften dieses Jahr nicht wählen. Im Querfeld 2019 und in Videos haben einige eine Stimme.

Ihre Gedanken und Meinungen zu den Wahlen 2019 finden sich in diesem Jahr in der Kategorie „Wählen“. Neben Erzählungen, Interviews und Analysen von Abschotten, Ankommen, Abschieben und Ankämpfen geht es dort um einen verdrucksten Wahlkampf und nicht zuletzt um die Feststellung – die Tür ist auf!

Uns bleibt nichts weiter übrig, als weiterzumachen, schreibt unsere Geschäftsleiterin Julia Hartmann. In diesem Sinne – lasst uns eine unteilbare Zukunft versuchen!

Einen Einblick in das Querfeld 2019 findet ihr hier.

Bestellung unter querfeld@sfrev.de

Bon Courage <3. Caro und Sandra Münch vom Bon Courage e.V. waren am Montag anlässlich ihrer Nominierung für den Nationalen Integrationspreis der Bundeskanzlerin in Berlin. Auch wir freuen uns über die Anerkennung ihrer Arbeit. Verwirrung besteht dennoch, ist es doch ein und dieselbe Regierung, die nach Afghanistan abschiebt und Hau-Ab-Gesetze initiiert, gleichzeitig aber mit einem solchen Preis eine aktive Zivilgesellschaft würdigen will. Die beiden haben stellvertretend für den Verein Briefe von geflüchteten Menschen an das Kanzleramt übergeben, die offenbaren, was die Gesetzesverschärfungen der letzten Jahre geschaffen haben – immer prekärere Lebenssituationen. Der Verein versteht seine Nominierung als Aufforderung an die Bundesregierung, endlich für eine humane und liberale Asylpolitik zu sorgen. In einer gemeinsamen Pressemitteilung haben sich Bon Courage und wir geäußert. Die Briefe der Geflüchteten, die dem Bundeskanzleramt übergeben wurden, hier als PDF verlinkt.

Bildung in Erstaufnahmeeinrichtungen… ist ein Thema, was Menschen in mehreren Bundesländern umtreibt. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat diese Woche ein umfangreiches Gutachten zum Komplex veröffentlicht, mehr als 90 Seiten sind das. Wir haben es diese Woche noch nicht geschafft, reinzulesen, haben aber gemeinsam mit dem Landesverband der Parität Sachsen die sächsische Perspektive und Fallbeschreibungen zugearbeitet, wer sich also schon mal informieren möchte, findet da was. Eine kürzere Zusammenfassung gibt’s auch hier.

Das Winden der Landesdirektion… lautet der Titel einer Pressemitteilung, die wir diese Woche mit der AG Asylsuchende / Sächsische Schweiz-Osterzgebirge e.V. veröffentlicht haben. Nach den September-Abschiebungen nach Georgien am 10. und 12. September offenbaren vier Kleine Anfragen von Juliane Nagel, MdL, DIE LINKE, das gesamte Ausmaß dessen, was Sachsen erneut angerichtet hat. Die Vorwürfe, die sich sächsische Abschiebebehörden seit Jahren anhören, werden offenbar. Was nach den Abschiebungen zurückblieb, ist diese Bilanz:

  • Insgesamt 71 abgeschobene Personen (40 am 10. September, 31 am 12. September)
  • 14 Familien
  • 26 Kinder und Jugendliche
  • Zwei Familientrennungen, bei einer Familie wird die Mutter während der Abschiebung ins Krankenhaus eingeliefert
  • Trennung eines Ehepaars
  • Abschiebung von fünf kranken Personen sowie von drei Personen mit körperlicher beziehungsweise geistiger Behinderung, darunter vier Kinder
  • Abschiebung einer im siebten Monat schwangeren Frau
  • Fesselung einer psychisch erkrankten Frau
  • Eine Abschiebung aus einer Jugendhilfeeinrichtung

Die gesamte Pressemitteilung hier. In einer Petition sagt die AG Asylsuchende #wirmachendasnichtmehrmit! Und mit „Das“… ist der Abschiebewahn gemeint! Unterschreiben!

„Migrationspaket.“ PRO ASYL legt in einer Analyse dar, welche Handlungsspielräume die Bundesländer haben, das sogenannte „Migrationspaket“ anzuwenden. Unter dieses im Sommer verabschiedete Paket fällt unter anderem das heftig kritiserte Hau-Ab-Gesetz. Da wurde beispielsweise festgelegt, dass die maximale Aufenthaltsdauer in den Aufnahmeeinrichtungen bei 18 Monaten liege. Die Länder können aber unter anderem mittels des § 49 AsylG regeln, dass auch eine frühere Verteilung möglich ist. Auch als verfassungswidrig bezeichnete Gesetze wie der komplette Leistungsauschluss von Menschen, die in einem anderen EU-Staat anerkannt sind, müssen nicht Länder anwenden. Die gesamte Analyse hier.

„Gläserner Mensch?“ Im Bundestag liegt derzeit ein Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums, der das Strafverfahren, so die Ansage, modernisieren soll. Darunter finden sich Regelungen, die erweiterte DNA-Analysen ermöglichen sollen. Das Ministerium verspricht sich, dass durch die Analyse von DNA-Molekülen Rückschlüsse auf Augen-, Haar- und Hautfarbe gezogen werden können. Mehr als 20 Organisationen, darunter Ärzt*innenvereinigungen, antirassistische Netzwerke, Flüchtlingsräte, der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und das Gen-Ethische Netzwerk e.V. und kritisieren das Vorhaben in einer Pressemitteilung und ausführlicheren Stellungnahme. Sie befürchten rassistische Diskriminierung, zudem sei das Vorhaben „ein massiver Einschnitt in bisherige Datenschutzstandards.“ Eine Position, die auch der Deutsche Anwaltverein in einer Stellungnahme in der Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestags dargelegt hat.

Prozess. Rita Kunert wurde zu 50 Euro Bußgeld vom Amtsgericht Dresden wegen eines vorgeblichen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verurteilt, wir berichteten bereits im letzten Newsletter. Finden wir jedenfalls „ungeheuerlich“ und berufen uns mit dieser Meinungsäußerung auf das Plädoyer ihres Verteidigers Johannes Lichdi!

Stellenausschreibung. Wir suchen ab dem 01. Januar 2020 eine Projektmitarbeiter*in Schwerpunkt „Arbeitsmarktintegration Geflüchteter“ im Projekt „Fachliche und inhaltliche Programmbegleitung der Arbeitsmarktmentor*innen“ in Teilzeit mit mindestens 33 Stunden, Bewerbungsfrist: 24. November 2019. Nähere Informationen zur Stellenbeschreibung hier.

Termine

Abschiebehaft, ziviler Ungehorsam, Seenotrettung, Asylverfahren bei unbegleiteten Minderjährigen, Hau-Ab-Gesetz – wer da nicht hingeht, hat was verpasst. Gemeint ist die Asylinitiativenkonferenz am 16. November ab 9.30 Uhr im Paritätischen Wohlfahrtsverband Sachsen, Am Brauhaus 8, 01099 Dresden. Ein Podium, Inputs, Workshops und zwischendrin eine Mittagspause – die Organisator*innen vom Sächsischen Flüchtlingsrat e.V., dem Kulturbüro Sachsen e.V., dem Paritätischen Wohlfahrtsverband Sachsen, Weiterdenken Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen e.V. und dem riesa efau. Kultur Forum Dresden haben keine Kosten und Mühen gescheut, um ein umfangreiches und spannendes Programm zu erarbeiten. Anmelden könnt ihr euch bis zum 07. November an info@weiterdenken.de. Wir freuen uns auf euch auf der sechsten Konferenz der Asylinitiativen, die in diesem Jahr als Plattform des Kennenlernens, Austauschens und Bestärkens einen Stellenwert hat, wie kaum zuvor. Bis dahin!

Rechtsanwalt Alexander Hoffmann wird am 22. November in Leipzig sein und im Workshop vom Toleranten Sachsen e.V. und uns Rede und Antwort zu unseren Fragen stehen! Denn der sächsischen Zivilgesellschaft stehen harte Zeiten bevor. Was wir bei den kommenden Auseinandersetzungen nicht gebrauchen können, sind rechtliche Streitigkeiten über unsere Veröffentlichungen. Um dem vorzubeugen, informieren wir mit dieser Fortbildung zu den Grundzügen des Presse- und Medienrechts. Von 10 bis 17 Uhr im Pöge-Haus. FB-Event mit mehr Infos hier. Anmeldung bitte bis 08. November an buero@tolerantes-sachsen.de oder an 0177 466 06 51.

„Verbrechen im Namen der Medizin“ – eine spannende Veranstaltungsreihe des Gesundheitskollektivs und der Gruppe gegen Antiromaismus ist da bereits am laufen. Zwangssterlilisationen und „Euthanasie“-Verbrechen sowie Aktivismus in Tschechien gegen Zwangssterilisation waren bereits Thema. Am 22. November folgt „Die Diagnose ‚asozial‘ – Verbrechen der Sozial und Jugendfürsorge.“ Referent Oliver Gaida startet um 19 Uhr im Zeuner Bau, Raum 114, TU Dresden. Am 04. Dezember wird der Dokumentarfilm „…dass das heute noch immer so ist – Kontinuitäten der Ausgrenzung“ im objekt klein a um 20.30 Uhr gezeigt. Anschließend steht Filmemacher*in Justin Time für eine Diskussion zur Verfügung.

Das Projekt MOB-X richtet sich an einheimische und geflüchtete Jugendliche und junge Erwachsene aus Mittelsachen, die gemeinsam den mobilen Erlebnisraum MOB-X entwickelten, bauten und in verschiedenen Jugendhäusern und Gemeinschaftsunterkünften in Sachsen durchgeführen.  In der Peer-Academy am 30. November und 01. Dezember spielen die Teilnehmenden den MOB-X, lernen diesen Raum anzuleiten und nehmen an Workshops zu Migration/Integration und der Moderation von Gruppenprozessen teil. Die Teilnahme ist ab 18 Jahren und kostenfrei. Nach erfolgreicher Teilnahme wird ein Zertifikat ausgestellt und es besteht die Möglichkeit den Jugend- & Kulturprojekt e.V. auf Honorarbasis bei der Durchführung des mobilen Raumes zu unterstützen. Das Ganze auf der Hechtstraße 17 in Dresden. Mehr Infos hier, Anmeldung bis 25. November unter veronika.zenker@jkpev.de.

Am 04. Dezember wird in der Evangelischen Hochschule Dresden der Reflektionstag „Schon angekommen oder noch da? Flüchtlingssozialarbeit und Integrationsnetzwerk im ländlichen Raum“ stattfinden. Fachkräfte aus der Sozialarbeit, Mitarbeiter*innen von NGOs und Wohlfahrtsverbänden, Wissenschaftler*innen und Studierende sind eingeladen, bei der Präsentation der Forschungsergebnisse der Hochschule zum Thema dabei zu sein. Arbeitsgruppen befassen sich mit verschiedenen Aspekten wie der Vernetzung im Sozialraum, Möglichkeiten und Grenzen aufsuchender Arbeit und weiterem. Weitere Infos hier.

„Postmigrantische Allianzen – Kommunikation für Pluralität und gesellschaftlichen Zusammenhalt“ lautet der Titel einer Konferenz, die am 05. und 06. Dezember von der Uni Leipzig und dem ZEOK e.V. organisiert wird. Klasse Programm, tolle Referent*innen, darunter Dr. Viktorija Ratković und Anne-Christin Tannhäuser. Alle Infos hier.

 

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