PM: Vier Trennungen und ein Koalitionsvertrag – weitere Grundrechtsverletzungen bei Abschiebung nach Georgien

Bei Abschiebung nach Georgien kam es zu mehr Familientrennungen als zuvor bekannt
Am 01. September wurden vier Familien bei der Abschiebung ab Leipzig/ Halle nach Georgien getrennt. Insgesamt wurden 30 Menschen abgeschoben. Der wiederholte Verstoß des CDU-geführten Innenministeriums gegen den Koalitionsvertrag hat nun für neuerlichen Unmut in der Koalition gesorgt.

Der Monat September begann mit einer Sammelabschiebung nach Georgien, meldete der SFR letzte Woche und kommentierte die traurige Kontinuität sächsischer Abschiebepraxis. Es kam zu einer bereits bekannten Familientrennung und der Abschiebung zweier Personen mit Behinderung. Eine Person wurde aus einer Jugendhilfeeinrichtung abgeholt, ihre Abschiebung wurde abgebrochen. Hinzu kommen nun drei weitere Familientrennungen. Dies erklärte die Landesdirektion Sachsen auf Anfrage des SFR. „Spezifisch für Georgien müssen wir ergänzen: Listen, in denen zahlreiche Grundrechtsverletzungen mit vielen Betroffenen aufgeführt werden, sind uns bei Sammelabschiebungen in dieses Zielland leider nur zu gut bekannt.“ erklärt Paula Moser vom SFR. Drei weitere Familien wurden vollständig abgeschoben.

Abschiebungen sorgen erneut für Krach in der Koalition

Bereits die bisher bekannte Familientrennung erregte Unmut beim Koalitionspartner BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, hatte sich die Partei doch mit CDU und SPD darauf geeinigt, von Familientrennungen „möglichst“ abzusehen. Die asylpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion, Petra Čagalj Sejdi schrieb auf Twitter: „Die Abschiebung nach Georgien hat gegen die Vereinbarungen verstoßen, die wir in den Koalitionsvertrag geschrieben haben, wir distanzieren uns von dieser Abschiebepraxis des SMI und von der Praxis der CDU gemeinsame Absprachen willkürlich zu missachten. Wir erwarten Aufklärung.“

Mangel an politischem Willen

Die erwartet auch der SFR. Moser: „Aufklärungsbedarf besteht! Zu veranlassen, dass Familien nicht getrennt werden dürfen, ist kein komplexer Verwaltungsakt. Dem Innenministerium mangelt es offenbar an politischem Willen.“ Woher der Mangel rührt, lässt die Landesdirektion in ihrer Antwort an den SFR erkennen: Bei drei der Familientrennungen seien „jeweils zum wiederholten Male nur Teile der Familie angetroffen bzw. hatten sich Familienangehörige bereits wiederholt der Abschiebung entzogen. Die nicht angetroffenen, ebenfalls vollziehbar ausreisepflichtigen Familienmitglieder haben die Möglichkeit, nachzureisen.“ Dieses Argument – dem SFR wohlbekannt. Bereits in der letzten Legislatur diente es dazu, Familientrennungen zu legitimieren. Moser hat für diese Begründung kein Verständnis: „Der Schutz des Grundgesetzes und damit des Rechts auf Familieneinheit ist absolut. Stillschweigende Vorwürfe, die eine Behörde erhebt und gegen die sich Betroffene nicht mehr wehren können – sie gegebenenfalls gar mit guten Gründen entkräften könnten – weil der Vollzug der Abschiebung im vollen Gange ist, relativieren kein Menschenrecht!“ Moser fügt hinzu, dass der SFR erwarte, dass sich die Koalition nicht von fadenscheinigen Argumenten des Innenministeriums in die Irre führen lässt. „Das Ministerium hat immer gute Gründe, das Abschiebeverhalten seiner Behörden zu decken. An Recht und Gesetz sind diese Begründungen jedoch nicht orientiert, sie sind rein politisch motiviert.“

Wenn in der Pandemie abgeschoben wird, dann wird weitergemacht wie bisher

Im Jahr 2020 ist es bereits mehrfach zu Familientrennungen gekommen, so am 03. Februar 2020 aus dem Landkreis Görlitz (vgl. Drs. 7/2133). Am 10. Februar 2020 wurde versucht, eine Familie aus dem Landkreis Bautzen zu trennen, tatsächlich wurde diese Abschiebung auf Intervention der Ausländerbehörde hin abgebrochen. Bei der Sammelabschiebung nach Georgien am 08. Juli 2020 dann – eine der ersten Abschiebungen nach Ausbruch der Covid19-Pandemie – kam es zu zwei Familientrennungen (vgl. Drs. 7/3179).

Weitere Brüche des Koalitionsvertrags zeigen sich, wenn Menschen vom Arbeitsplatz abgeholt werden. Auch dies sollte nicht mehr vorkommen. Doch am 11. März 2020 waren es zwei Personen, denen es genau so erging und die später in Kabul landeten, bei einer dritten Person wurde der Versuch unternommen, ihn bei der HELO Maschinen Technik GmbH abzuholen.

Kontakt:
Sächsischer Flüchtlingsrat
-Paula Moser-
Tel.: 0351 / 33 23 55 94
Mobil: 0176 427 286 23
Mail: pr@sfrev.de

Teile diesen Beitrag: