Newsletter 05/22: Demo in Leipzig für mehr Rechte ALLER Geflüchteten | Afghanistan: Ein Jahr Taliban-Unterdrückung | Aufnahmestopp von Ukrainer*innen in Sachsen | EuGH-Urteil erleichtert Familiennachzug

Demonstration von Geflüchteten in Leipzig: No Discrimination between Refugees

Ungefähr 300 Personen protestierten am 31. Juli für mehr Gleichberechtigung unter Schutzsuchenden. Ziel war es, dass eine rechtliche Angleichung zwischen Geflüchteten aus der Ukraine und denen ohne ukrainische Staatsangehörigkeit erfolgt. Der Protestzug wurde zum Großteil selbst von Geflüchteten organisiert und entsprechend nah am Alltag dieser war der Inhalt der Redebeiträge. In ihnen wurde deutliche Kritik an sächsischen Behörden geübt. Grund hierfür waren u.a. die unwürdige Unterbringung in Massenunterkünften, die langsame Bearbeitungszeit von Anträgen sowie fehlender Zugang zu Arbeit, Bildung und dafür notwendigen Informationen. Für viele Betroffene existiere außerdem ein diskriminierender Umgang der Sachbearbeiter*innen mit Schutzsuchenden.

Stets wurde in den Beiträgen die Solidarität mit Menschen aus der Ukraine betont, denen die erlangten Rechte bei Aufenthalt und Unterbringung zustehen. Nur gelte dies sowohl für Drittstaatler*innen aus der Ukraine als auch andere Vertriebene aller anderen Nationen, die vor Diktaturen, Krieg, Armut oder persönlicher Verfolgung fliehen.

#KritischBleiben wirkt: Nach öffentlichem Druck kündigt das SMI einen Erlass an

Einzig in Sachsen werden Kosovar*innen zum Zwecke der Einbürgerung dazu gezwungen, auch die serbische Staatsbürgerschaft abzulegen. Doch serbische Behörden verweigern Betroffenen die Ausstellung serbischer Dokumente. Diese Absage ist logisch, da die Betroffenen bereits eine kosovarische Staatsangehörigkeit besitzen und sich in der Regel nie auf serbischem Territorium aufhielten. Für Kosovar*innen, die eine Einbürgerung beantragen, bedeutet dies eine rechtliche Sackgasse.

Nach einer Pressemitteilung des Flüchtlingsrates über den konkreten Fall von Frau Blakcori, die seit über 30 Jahren in Sachsen lebt, griff auch der MDR-Sachsenspiegel die abstruse Rechtslage für Kosovar*innen auf. Im Zuge dieser Berichterstattung kündigte das Sächsische Innenministerium an, dass ein Erlass erfolgen soll, der Kosovar*innen lediglich dazu auffordert kosovarische Dokumente vorzulegen. Somit dürfte die unsägliche Praxis zukünftig enden und Sachsen sich endlich an bundesweite Regelungen anpassen.

„Abschiebemonitoring“ des Freistaates geplant

Im Dezember 2021 lebten 14.742 ausreisepflichtige Asylbewerber*innen in Sachsen, davon haben 11.424 eine Duldung. Für die Personen besteht die permanente Gefahr einer Abschiebung oder erzwungenen Ausreise, wovon im letzten Jahr 1.145 Personen betroffen waren. Da es dabei in Sachsen wiederholt zu Familientrennungen und zuletzt häufiger zu Abschiebungen von Erkrankten kommt, ist eine Abkehr von der Brutalität sächsischer Abschiebepraxis nicht erkennbar. Mit dem Ziel Transparenz zu schaffen, wird nun ein Gremium installiert, dass Abschiebungen auf rechtmäßige Abläufe kontrolliert. Dafür soll eine Mitarbeiterin der Diakonie am Flughafen Leipzig/Halle Abschiebungen beobachten und in regelmäßigen Abständen ein Sachstandsbericht zu Abschiebungen an ein Gremium übermitteln. Das Gremium, welches die Berichte dann bewertet, besteht aus dem Ausländerbeauftragten, Vertreter*innen des Innenministeriums, der Landespolizei, der Landesdirektion, der Bundespolizei, der Kirche und der Liga der freien Wohlfahrtsverbände.

Durch die Zusammensetzung, in der politische Akteur*innen und Polizei eine Mehrheit bilden, ist die Ergebnisoffenheit des Abschiebemonitoring anzuzweifeln. Es scheint vielmehr ein politisches Instrument, welches mögliche Kritik an Abschiebungen aus Sachsen abzufedern versucht. Weiterhin sind Rechtsbrüche bei Abschiebungen vor allem in den Momenten möglich, wenn Betroffene zuhause von der Polizei abgeholt und zum Flughafen gebracht werden. Genau dieser kritische Zeitraum soll aber überhaupt nicht geprüft werden. Dementsprechend sind durch das Abschiebemonitoring – bereits vor seinem ersten Einsatz – und aus den Berichten des Gremiums kaum weitreichende Erkenntnisse zu erwarten.

Hinweis: Seit letztem Jahr betreibt der SFR ein eigenes Abschiebemonitoring

Drei Stimmen aus der Presse

1.) Afghanistan: Amnesty wirft Taliban schwere Menschenrechtsverletzungen vor (ZEIT)

Ein Jahr nach der Machtübernahme durch die Taliban steht das Land vor dem Kollaps. Über die Hälfte der Bevölkerung ist akut von Hunger bedroht und an vielen Bankautomaten ist gar keine Geldauszahlung mehr möglich. Nachdem die Regierung religiöser Fanatiker im letzten August noch demokratische Reformen ankündigte, um internationale Anerkennung sowie Hilfsgelder zu erhalten, wird die Bevölkerung im Land systematisch unterdrückt und Proteste brutal unterbunden. Besonders Frauen und Mädchen werden diskriminiert, wie auch Maria Mahbobi auf unserer Homepage darstellte. Sie erhalten Berufsverbote, dürfen nur bis zur sechsten Klasse die Schule besuchen, müssen in der Öffentlichkeit die Burka tragen und dürfen nur in Begleitung männlicher Verwandtschaft öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Dementsprechend düster fällt das Urteil von Amnesty International aus und sieht neben den Frauen besonders Minderheiten im Land in Gefahr: „Willkürliche Inhaftierungen, Folter, Verschwindenlassen oder Hinrichtungen im Schnellverfahren seien an der Tagesordnung.“

2.) EuGH-Urteil: Aufatmen bei Familien (taz)

Der Europäische Gerichtshof hat in zwei wegweisenden Urteilen entschieden, dass Eltern bzw. Kindern der Familiennachzug auch dann nicht verwehrt werden darf, wenn die Kinder zum Zeitpunkt der Asylantragsstellung minderjährig waren und im Laufe der Zeit volljährig wurden. Dies bedeutet, dass es bei Familienzusammenführung mit Minderjährigen auf deren Alter zum Zeitpunkt des Asylantrags – ob des eigenen oder das der in Deutschland lebenden Eltern(teile) – ankommt. Äußere Umstände, die sie selbst nicht in der Hand haben – wie etwa langwierige Asyl- oder Visumsverfahren – dürften den Antragsstellenden nicht zum Nachteil gereicht werden.

3.) Aufnahmestopp: Bund verteilt keine Kriegsflüchtlinge mehr nach Sachsen (Süddeutsche)

Nach dem Aufnahmestopp von Geflüchteten aus der Ukraine in einzelnen Kommunen wie Görlitz oder Dresden, erfolgt nun auch keine Verteilung mehr in den Freistaat. Die Landesdirektion teilte mit, dass bereits 3050 Personen mehr als nach Königsteiner Schlüssel notwendig wären, in Sachsen untergebracht wurden. „Grundsätzlich gilt der faktische Aufnahmestopp für alle Ukraineflüchtlinge, die sich derzeit bei den Behörden neu melden. Nur in begründeten Ausnahmefällen wird von dieser Verfahrensweise abgewichen“, erklärte der stellvertretende Behördensprecher Ingolf Ulrich. Unter den Ausnahmen sind mögliche Familienzusammenführungen von engen Verwandten. Mit dieser Entscheidung wird die Bewegungsfreiheit von Urkrainer*innen stark eingeschränkt und der Zuzug zu Freunden oder entfernten Verwandten verhindert, was wiederum Hemmnisse beim Ankommen impliziert, da diese als erste Ansprechpersonen zur Orientierung in Deutschland dienen könnten. Stattdessen finden sich Ukrainer*innen nun vermehrt in kleinen Orten anderer Bundesländer wieder, die kaum Strukturen zur Integration besitzen.


Veranstaltungen

Werde Wegweiser*in: Überblick zu Rechten bei Behörden (Informationsveranstaltung) |
Wo: Pirna, Internationales Begegnungszentrum, Lange Straße 38a | Wann: 23.08. von 16 – 18 Uhr

Die Veranstaltung richtet sich vor allem an Geflüchtete sowie Multiplikator*innen und versucht folgende Fragen zu beantworten: „Welche Rechte habe ich gegenüber einer Behörde? Was ist bei Behördenpost zu beachten? Wie kann ich mich gut auf einen Behördentermin vorbereiten?“ Nach dem Vortrag besteht die Möglichkeit für Fragen und Gespräche.

Die Veranstaltung findet in Zusammenarbeit mit AG Asylsuchende e.V. aus Pirna statt.
Mehr Infos und Anmeldung

Brennpunkt Westafrika: Europa und die Fluchtursachen (Vortrag und Diskussion) |
Wo: Meißen, Am Markt 10 | Wann: 31.08. um 19:30 Uhr

Aufgrund des kolonialen Erbes, dem Klimawandel, einer globalen Wirtschaftskrise und politischer Instabilität einiger Staaten gibt es zahlreiche Gründe, warum Menschen aus der Region Westafrikas fliehen. Häufig bestehen außerhalb dieser Schlagworte jedoch wenig detaillierte Kenntnisse hierzulande über die Lebenssituation der Menschen vor Ort und im Asylverfahren erhalten diese meist einen negativen Bescheid. Olaf Bernau ist Autor und Mitbegründer von „Afrique-Europe-Interact“ und wird an diesem Tag genau diese Wissenslücken versuchen zu schließen.

Eine Veranstaltung von „TERRA UNIDA EINE WELT e.V. MEISSEN & FAIREwelt Meißen“:
Mehr Infos und Einladung

Let’s get started: Rassismuskritisch handeln im Kontext Flucht und Migration (Seminar) | Wo: Forsthaus Grüna, Chemnitz | Wann: 08. bis 09.09.

Junge Menschen mit Flucht- und Migrationsbiografie beziehungsweise junge Menschen of Color machen in ihrem Alltag vielfältige Rassismuserfahrungen – auch in Kontexten der Kinder- und Jugendhilfe. Um hier unterstützend arbeiten zu können, braucht es eine vertiefte Auseinandersetzung mit Rassismus und seinen vielfältigen Erscheinungsformen sowie die regelmäßige Reflexion der eigenen Praxis.

Das Seminar des AGJF e.V. thematisiert Rassismus aus Sicht der kritischen Migrationsforschung als Teil der Realität von Adressat*innen Sozialer Arbeit.
Mehr Infos und Anmeldung

Rechte junger Geflüchteter stärken! UN-Kinderrechtskonvention und Jugendhilfe im Asyl- und Aufenthaltsrecht (QuBe-Fachtag) | Wo: Universität Leipzig, Jahnallee 59 | Wann: 23.09. von 10 – 17 Uhr

Kinderrechte gelten für alle Kinder und Jugendlichen, unabhängig von ihrer Nationalität oder ihrem Aufenthaltsstatus. Dennoch fristet ihre Umsetzung im Kontext des Asyl- und Aufenthaltsrechts oftmals ein Schattendasein.

Wir möchten einen Fachaustausch zwischen Akteur*innen der Asyl – und Migrationsberatung, der Kinder- und Jugendhilfe sowie Rechtsanwält*innen über aktuelle Herausforderungen in der Praxis initiieren und uns gemeinsam über Strategien und Handlungsoptionen verständigen.

Mehr Infos und Anmeldung

Stellenangebot

Das Fachinformationszentrum Zuwanderung sucht ab sofort Berater*innen in Vollzeit für das Büro in Leipzig: Zum Stellangebot

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